Gewerkschaft EVG warnt vor Reservierungspflicht - Bahn mit Verlust

Neue Vorschläge des Bundes in der Corona-Krise stoßen auf Kritik der
Gewerkschaft EVG: Demnach sollen die reservierbaren Plätze in Zügen

begrenzt werden. Entschieden ist aber noch nichts.

Berlin (dpa) - Der Vorsitzende der Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, hat vor einer
Reservierungspflicht in Zügen aufgrund der Corona-Krise gewarnt. «Das
würde dazu führen, dass der Fernverkehr nicht mehr handlebar ist,
dass die Belastung für die Beschäftigten viel größer ist als heute
»,
sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Hommel bezog sich
auf einen Vorschlag des Bundes für die an diesem Mittwoch anstehenden
Verhandlungen mit den Ländern über Corona-Maßnahmen.

Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin schlägt der
Bund eine Ausweitung der Sitzplatzkapazitäten in Fernzügen vor.
Zugleich will er die Reservierbarkeit von Sitzplätzen begrenzen.
Konkrete Ausführungen dazu waren in einem späteren Entwurf nicht mehr
enthalten. Beschlossen ist noch nichts. Die Deutsche Bahn äußerte
sich auf Anfrage nicht zu den Ideen und verwies auf die laufenden
Verhandlungen zwischen Bund und Ländern.

EVG-Vorsitzender Hommel fürchtet, dass solche Maßnahmen noch
verschärft werden und am Ende auf eine Reservierungspflicht
hinauslaufen könnten. Eine solche hat die Deutsche Bahn stets
abgelehnt. Hommel wies darauf hin, dass in einem solchen Fall Züge
ohne eine Reservierung auch nicht betreten werden dürfen. Aus seiner
Sicht würden sich aber nur wenige Reisende daran halten. Für die
Zugbegleiter aber sei dies eine unzumutbare Belastung.

Auch der Verein Mofair leitet aus den Vorschlägen des Bundes das
Vorhaben einer Reservierungspflicht ab. Er vertritt die Interessen
der Bahnkonkurrenz im Güter- und im Personenverkehr. «Noch im April
hat die DB Fernverkehr das Ansinnen, eine Reservierungspflicht im
Fernverkehr einzuführen, vehement von sich gewesen», teilte
Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen am Mittwoch mit. Er
kritisierte unter anderem, dass der Bund nicht an andere
Verkehrsunternehmen herangetreten sei, um dort über die Umsetzung
solcher Maßnahmen zu sprechen.

Unterdessen verschärft sich für die Deutsche Bahn auch die
finanzielle Situation. Wie schon im Frühjahr geht die Auslastung in
den Zügen aufgrund der neuen Corona-Infektionswelle derzeit deutlich
zurück. Inzwischen drohe ein Jahresverlust in Höhe von 5,6 Milliarden
Euro, schrieb die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» am Mittwoch. Das
gehe aus Unterlagen für die Aufsichtsratssitzung am 9. Dezember
hervor.

Insider bestätigten der Deutschen Presse-Agentur die Zahl als Verlust
vor Steuern. Allerdings blieb unklar, ob darin schon die finanzielle
Unterstützung des Bundes oder die Auswirkungen durch den erneuten
Teil-Shutdown eingerechnet sind. Aufgrund der hohen Einbußen in
diesem Jahr will der Bund als Eigentümer rund fünf Milliarden Euro
über eine Eigenkapitalerhöhung zuschießen. Noch ist das Geld aber
nicht ausgezahlt. Die Europäische Kommission muss der Staatshilfe
erst noch zustimmen.