Marburger Bund: Niedersachsen fehlen Hunderte Ärzte

Niedersachsens Ärzte nehmen die Corona-Krise zum Anlass, um für
Verbesserungen im Gesundheitssystem zu werben. Schon vor der Pandemie
seien viele Mediziner völlig überlastet gewesen.

Hannover (dpa/lni) - Der Ärzteverband Marburger Bund hat einen Ausbau
der gesundheitlichen Versorgung in Niedersachsen gefordert. «Wir
brauchen dringend mehr Ärztinnen und Ärzte», sagte Andreas
Hammerschmidt aus dem Landesvorstand am Mittwoch. Derzeit kämen auf
einen Arzt fast 250 Einwohner - das sei die zweitschlechteste Quote
hinter Brandenburg. Insgesamt fehle eine deutlich vierstellige Zahl
an Ärzten. Um daran etwas zu ändern, müssten wieder mehr
Medizin-Studienplätze geschaffen werden, etwa mit einer medizinischen
Fakultät in Braunschweig und dem Ausbau der Unimedizin in Oldenburg.

Der Landesvorsitzende Hans Martin Wollenberg betonte, schon vor der
Corona-Krise seien viele Ärzte überlastet gewesen, gerade in den
Kliniken. «Das ist ein strukturelles Problem in den Krankenhäusern»,

sagte Wollenberg. Der Marburger Bund warb aber auch dafür, Ärzte in
den Gesundheitsämtern der Kommunen besser zu bezahlen, um den
finanziellen Abstand zu den Ärzten an Krankenhäusern zu verringern.

Auf Basis einer Mitgliederbefragung noch vor Ausbruch der
Corona-Pandemie erklärte die Gewerkschaft, mehr als die Hälfte der
Ärzte in Niedersachsen fühle sich häufig oder ständig überlastet.
So
leiste fast jeder vierte Arzt im Schnitt mindestens neun Überstunden
pro Woche - auch weil viele Stellen nicht besetzt seien, gerade auf
dem Land. Neben Ärzten fehlten auch viele Pfleger und Therapeuten.

Vor dem Hintergrund von Corona müsse das Land daher jetzt ein Signal
für Verbesserungen im Gesundheitssystem senden, forderte der
Marburger Bund. Die Versorgung müsse sich an den Interessen der
Patienten orientieren und nicht an wirtschaftlichen Interessen.

Die Ärztekammer Niedersachsen, die am Mittwoch zu einem Digitalgipfel
zusammenkam, sieht derweil zumindest in einem Innovationsschub auch
eine positive Auswirkung der Krise. «Die Covid-19-Pandemie forciert
innovative Technologien», sagte die Präsidentin der Kammer, Martina
Wenker. Gerade Hausärzte nutzten mittlerweile häufiger die moderne
Technik, um mit ihren Patienten in Kontakt zu bleiben.