Wie wird der Dezember, wie wird Weihnachten? Beratungen mit Merkel

Der Teil-Lockdown hat bisher weniger gebracht als erhofft - deswegen
geht es wohl erstmal so weiter. Details wollen Kanzlerin Merkel und
die Länderchefs nun klären. Dazu gibt es verschiedene Ansichten.
Immer fest im Blick dabei: das Weihnachtsfest.

Berlin (dpa) - Die Menschen in Deutschland müssen sich auf eine
Verschärfung des Teil-Lockdowns in der Corona-Pandemie einstellen -
dürfen aber auf Lockerungen zu Weihnachten hoffen. Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der
Länder begannen am Mittwoch mit Beratungen zum weiteren Vorgehen.

Nach Vorberatungen der Ministerpräsidenten untereinander und mit dem
Kanzleramt zeichnete sich ab, dass der zunächst bis Ende November
befristete Teil-Lockdown voraussichtlich bis zum 20. Dezember
bundesweit verlängert wird. Wahrscheinlich war nach den
Vorbesprechungen, dass die Kontaktbeschränkungen über die
Weihnachtstage und Silvester gelockert werden. Am Donnerstag will die
Kanzlerin im Bundestag zur Corona-Krise sprechen.

Die Beschränkungen für Kontakte und andere Bereiche können sogar noch

einmal strenger werden, um das Infektionsgeschehen bis zu den
Feiertagen besser in den Griff zu bekommen. Derzeit ist es auf hohem
Niveau relativ stabil, die Zahl der gemeldeten Corona-Todesfällen
binnen 24 Stunden stieg auf den Höchststand von 410.

Details sind noch unklar - etwa, weit Lockerungen auch an Silvester
gelten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich für

strenge Kontaktbeschränkungen auch über Silvester aus - anders als
von den meisten Ländern angestrebt. «Denn Weihnachten ist das Fest
der Familie, Silvester natürlich mehr das Fest der Freunde», sagte er
im ARD-«Morgenmagazin». Ihm sei lieber, dass man über den
Jahreswechsel konsequenter sei als über Weihnachten.

Unklar ist auch, ob Restaurants und Hotels über die Feiertage und
über den Jahreswechsel wieder öffnen dürfen, sowie weitere Details.
Die Länder hatten sich vorab auf eine Linie verständigt, der Bund hat
eigene Vorstellungen ergänzt.

Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden lag
nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Mittwoch bei 18 633. Der
Teil-Lockdown wirke «etwa halb so stark, wie wir gerechnet haben»,
sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im
ARD-«Morgenmagazin». Grund seien Infektionsherde etwa in Schulen.

Derweil wird die geplante Abgabe günstiger FFP-2-Schutzmasken an
Menschen aus Risikogruppen konkreter: Der Gemeinsame Bundesausschuss
des Gesundheitswesens hat eine Eingrenzung der Gruppen mit Risiken
für schwere und tödliche Verläufe erstellt. Insgesamt dürften es
27,35 Millionen Menschen sein, wie es in der Stellungnahme heißt, die
der dpa vorliegt. Dazu zählen 23,7 Millionen Menschen ab 60, Menschen
mit Vorerkrankungen, Risikoschwangerschaften oder Übergewicht. Die
Stellungnahme soll nun Grundlage für eine Verordnung sein.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb
erneut dafür, die Schulen offen zu lassen - was auch geplant ist:
«Der Küchentisch zu Hause in einer Zwei- oder Drei-Zimmerwohnung ist
nicht der bessere Lernort. Der beste Lernort ist die Schule», sagte
er im Landtag. Heute gehe es nicht um Öffnungsschritte, die Gefahr
eines Rückfalls sei zu groß, erklärte er zu den Beratungen.

Die wichtigsten Maßnahmen, bei denen Bund und Länder weitgehend
übereinstimmen:

TEIL-LOCKDOWN: Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kultur- und
Freizeiteinrichtungen soll bis mindestes 20. Dezember verlängert
werden. Alle nicht notwendigen Kontakte und Reisen sollen weiter
unterbleiben. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet - allerdings
soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen
gelten. Bei einer Inzidenz von «deutlich» unter 50 Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen
erfüllt sind, sollen Länder hiervon abweichen können.

FINANZHILFEN: Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene
Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der
Bund plant Finanzhilfen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden
Euro, wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr.

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Die Kontaktbeschränkungen sollen verschärft
werden. Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten
sind demnach auf den eigenen und einen weiteren Haushalt und in jedem
Fall auf fünf Personen zu beschränken, Kinder bis 14 ausgenommen.

KONTAKTREGELN FÜR WEIHNACHTEN UND SILVESTER: Vom 23. Dezember bis 1.
Januar sollen Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden
Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis zu zehn
Personen erlaubt werden. Kinder bis 14 Jahren zählen nicht mit.

FEUERWERK: Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen wird
untersagt, um größere Gruppen zu vermeiden. Die örtlichen Behörden

sollen die betroffenen Plätze und Straßen bestimmen. Grundsätzlich
wird «empfohlen», zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten.

BETRIEBSFERIEN: Arbeitgeber sollen prüfen, ob Betriebsstätten durch
Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember
bis 1. Januar schließen können.

SCHULEN UND KITAS: Kinderbetreuung und Schulen sollen offen bleiben.
In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000
Einwohner in sieben Tagen soll aber künftig ab Klasse 7 Maskenpflicht
auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und
Sechstklässler soll eine solche Pflicht eingeführt werden können.

SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN UND SCHNELLTESTS: Der Schutz von
Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in
Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember 30 Schnelltests pro Monat
geben. Je nach Verfügbarkeit wird es noch mehr.

Weitergehende Vorstellungen des Bundes:

GESCHÄFTE: Nach Vorstellung des Kanzleramts soll sich in Geschäften
höchstens ein Kunde pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten -
bislang ist es ein Kunde pro 10 Quadratmeter.

BAHNVERKEHR: Um den Reiseverkehr sicherer zu machen, soll die Zahl
der belegten Plätze in Zügen deutlich verringert werden. Für die
Wintermonate sollen grundsätzlich nur noch alle Fensterplätze
reservierbar sein. Zugleich soll aber die Kapazität der Züge erhöht
werden. Eine Reservierungspflicht in der Bahn gibt es bislang nicht.

TESTS: Bei Erkältungssymptomen vor Weihnachten soll nach Vorstellung
des Bundes eine großzügigere Testmöglichkeit angeboten werden.

FDP-Chef Christian Lindner warnte vor neuen Beschränkungen für den
Einzelhandel. Der Zutritt in Geschäfte dürfe nicht noch weiter
reduziert werden, sagte er am Mittwoch der dpa, der Vorschlag des
Kanzleramts sei «überzogen». Für gesundheitlich Gefährdete wäre
n
zudem exklusive Zeitfenster im Handel und Taxigutscheine sinnvoll,
damit diese nicht den öffentlichen Nahverkehr nutzen müssten.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt,

forderte langfristige und bundesweit einheitliche Corona-Regeln je
nach Infektionsgeschehen. Die Debatten zwischen den Ländern in den
vergangenen Wochen hätten zu Unsicherheit bei den Menschen geführt.
«Man verliert die Übersicht, und man verliert die Nerven», sagte sie

im ARD-«Morgenmagazin».