Sehr seltenes Borna-Virus: Zwei weitere Todesfälle in Bayern in 2020

Lange war die Bornasche Krankheit nur von Nutztieren bekannt. Doch
Nachweise seit 2018 bestätigen: Auch beim Menschen sorgt das Virus in
Deutschland für Todesfälle - wenn auch sehr selten. In diesem Jahr
sind weitere dazu gekommen.

Regensburg (dpa) - An einer Infektion mit sogenannten klassischen,
sehr seltenen Borna-Viren sind in Bayern in diesem Jahr zwei weitere
Menschen gestorben. «Dem LGL wurden für das Jahr 2020 zwei weitere
Todesfälle übermittelt, die in Zusammenhang mit einer
BoDV-1-Infektion stehen», teilte das bayerische Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) der Deutschen
Presse-Agentur mit. Die Krankheit kommt nur in wenigen Einzelfällen
vor - dies allerdings gehäuft in Bayern.

Im Sommer hat das bayerische Gesundheitsministerium eine zentrale
Stelle zur Erforschung der klassischen Borna-Viren (BoDV-1)
eingerichtet, das Projekt «Borna Focal Point Bayern». Klassische
Borna-Viren lösen eine Hirnentzündung aus, die in nahezu allen Fällen

tödlich endet. Pro Jahr werden im Schnitt zwei Infektionen in
Deutschland bekannt, Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass die
Dunkelziffer höher liegt, bei bis zu sechs Fällen pro Jahr.

Warum der Schwerpunkt in Bayern liege, sei unklar, sagt die Ärztin
und Epidemiologin Kirsten Pörtner vom Robert Koch-Institut (RKI).
«Möglich ist, dass man in Bayern inzwischen mehr hinschaut und bei
einer Hirnentzündung mit unbekannter Ursache inzwischen eher auf das
Virus testet. Möglich ist aber auch, dass die Feldspitzmaus sich in
Bayern anders verhält als in Sachsen-Anhalt.»

Für eine am Dienstag vorgestellte Studie über das gefährliche Virus
hat sie die Angehörigen von acht an dem Virus verstorbenen Patienten
befragt. Das Ergebnis: Alle lebten auf dem Land, sieben von acht
hatten eine Katze.

Einziger bekannter Reservoirwirt des Erregers ist die Feldspitzmaus
(Crocidura leucodon), bei der die Infektion keine schweren Symptome
verursacht. Die Spitzmäuse scheiden das Virus in Urin, Kot und
Speichel aus - darüber können sich dann andere Säugetiere und in
seltenen Fällen auch der Mensch anstecken. «Möglicherweise bringen
Katzen durch ihr Jagdverhalten ihre Besitzer mit Spitzmäusen und dem
Virus in Kontakt - die Katzen selbst waren unauffällig.»

Anfang des Jahres war durch eine im Fachmagazin «The Lancet
Infectious Diseases» veröffentlichte Studie des
Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) und der Universität Regensburg
bekannt geworden, dass in den vergangenen Jahren weit mehr Menschen
an einer Infektion mit dem klassischen Borna-Virus gestorben sind als
bisher bekannt.

Der Erreger sei in Bayern in aufbewahrten Hirnproben gestorbener
Patienten nachgewiesen worden, berichteten Forscher. Insgesamt
starben demnach zwischen 1995 und 2019 mindestens 14 Menschen
nachweislich an der Gehirnentzündung durch das klassische
Borna-Virus. In welchem Ausmaß das Virus insgesamt hinter
Hirnentzündungen mit unbekannter Ursache stecken könnte, ist bislang
unklar.

Dass sich Nutztiere wie Pferde und Schafe mit der Bornaschen
Krankheit anstecken und daran sterben können, ist schon wesentlich
länger bekannt. BoDV-1 kommt in Deutschland in Bayern, Thüringen,
Sachsen-Anhalt, Sachsen und angrenzenden Teilen benachbarter
Bundesländer vor. Fälle von Bornascher Krankheit bei Tieren gibt es
zudem auch in Teilen Österreichs, der Schweiz und Liechtenstein.