Verwaltungsgerichtshof setzt Testpflicht für Grenzgänger außer Kraft

Erst die Fitnessstudios, nun die Testpflicht für ausländische
Pendler: Erneut hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine
Regelung zum Infektionsschutz kassiert. Geklagt hatten zwei Schüler.
Die Folgen ihres Eilantrages betreffen zahlreiche Menschen.

München (dpa/lby) - Ein wichtiger Baustein der Anti-Corona-Strategie
der Staatsregierung ist vor Gericht gekippt: Der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof hat die wöchentliche Testpflicht für
Grenzgänger vorläufig außer Kraft gesetzt. Die Vorschrift betraf
bislang zahlreiche Pendler, die zum Arbeiten, im Rahmen einer
Ausbildung oder zum Studium regelmäßig nach Bayern einreisen. Geklagt
hatten zwei österreichische Gymnasiasten, die im Berchtesgadener Land
die Schule besuchen.

«Die Außervollzugsetzung der Regelung hat allgemeine Wirkung»,
erläuterte ein Gerichtssprecher die weitreichenden Folgen des
Beschlusses vom Dienstag. Die beiden Gymnasiasten mit Wohnsitz in
Österreich hatten Eilanträge gegen die Einreise-Quarantäneverordnung

des Freistaats eingereicht und nun bis zur Entscheidung im
Hauptsacheverfahren vorläufig Recht bekommen. Gegen den Beschluss des
Gerichts kann kein Rechtsmittel eingelegt werden, die Testpflicht ist
daher mit sofortiger Wirkung obsolet. Allerdings ist die betroffene
Verordnung aktuell ohnehin bis Ende November befristet.

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte in einer ersten
Reaktion, man werde die Entscheidung nun analysieren. Die
Staatsregierung prüfe den «weiteren Handlungsbedarf» auch im
Zusammenhang mit den Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz
(MPK), erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf
Nachfrage. «In jedem Fall gilt: Bei der derzeitigen Entwicklung der
Neuinfektionen ist der Infektionsschutz weiterhin von entscheidender
Bedeutung.»

Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat hatte
entschieden, dass sich die Regelung zur Testpflicht im
Hauptsacheverfahren voraussichtlich als unwirksam erweisen werde.
Dabei argumentierten die Verwaltungsjuristen auf drei verschiedenen
Ebenen: Sie sahen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung
einer Testpflicht als derzeit nicht erfüllt. Zum Zweiten äußerten sie

Zweifel zur Verhältnismäßigkeit einer wöchentlichen Testpflicht.

Und zum Dritten sahen sie durch die Testpflicht auch das
Freizügigkeitsrecht der EU-Bürger berührt. Der Senat verwies auf eine

Empfehlung des Europäischen Rats zu Einreisebeschränkungen, die
sicherstellen sollen, dass EU-Ausländer im Vergleich zu Deutschen
nicht diskriminiert werden.

Mit der Testpflicht für ausländische Grenzgänger hatte Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wiederholt begründet, warum die

Grenzen zu Österreich und Tschechien im Gegensatz zum Lockdown
im Frühjahr trotz der anhaltend hohen Infektionszahlen dort nicht
geschlossen werden. Als weiteres Argument führte er an, dass die
Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln und Alltagsmasken inzwischen hier
wie dort gälten. Als zusätzliche Sicherheit führte der Freistaat die

Testpflicht für Pendler ein.

Schon vor knapp zwei Wochen hatte der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof eine Regelung der derzeit gültigen
Corona-Verordnung gekippt, wonach die vollständige Schließung von
Fitnessstudios gegen das Gleichheitsprinzip verstoße, sofern in
anderen Sportstätten Individualsport zu zweit oder mit anderen
Haushaltsmitgliedern zulässig sei. Die Staatsregierung verschärfte
daraufhin umgehend die Regelung und verfügte die Schließung
sämtlicher Hallen-Sportstätten außer für den Schul- und Profisport.