Längere Weihnachten sollen vor Corona schützen - Lob und auch Kritik Von Martin Oversohl, dpa

In einem Monat steht das Weihnachtsfest auf dem Kalender. Die Politik
will jetzt schon bescheren und verlängert die Ferien um zwei Tage aus
Schutz vor Corona-Infektionen. Das Ziel: eine längere Quarantäne. Das
Echo auf diese und andere Ideen der Länder fällt zwiegespalten aus.

Stuttgart (dpa/lsw) - Auf ein wenig «Stille Nacht» rund um den
Tannenbaum hofft Winfried Kretschmann (Grüne) in diesem Jahr allein
schon, damit das Risiko von Corona-Infektionen zum Weihnachtsfest
nicht weiter steigt. Und dennoch weiß er wie die anderen
Ministerpräsidenten der Länder auch um das sensible Verhältnis der
Deutschen zum Weihnachtsfest. Allen anderen scharfen Corona-Regeln
zum Trotz sollen deshalb die geplanten Auflagen rund um die
Bescherung gelockert werden. Nicht nur in Baden-Württemberg werden
zudem die Weihnachtsferien aus Schutz vor Corona-Infektionen
verlängert. Im Südwesten stößt dieses Vorhaben auch auf
Unverständnis.

Bislang steht in Baden-Württemberg der letzte Schultag am 22.
Dezember (Dienstag) auf dem Kalender. Würden die Schüler wie nun
geplant bereits am 18. Dezember (Freitag) in die Ferien entlassen,
hätte man bis Heiligabend eine Strecke von fünf bis sechs Tagen.
Diese könne man nutzen, um Kontakte zu minimieren, sagte Kretschmann
am Dienstag in Stuttgart. «Man hat dann bis Weihnachten eine ganze
Inkubationsphase.»

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht das anders und
verschweigt das auch nicht. Eine Verlängerung könne organisatorische
Fragen auslösen und zahlreiche Eltern vor Betreuungsprobleme stellen,
ließ sie ihr Ministerium mitteilen. Die Behörde verwies auf die vier
beweglichen Feiertage, die einer Schule in diesem Schuljahr zur
Verfügung stehen. «Dass ein vorzeitiger Ferienbeginn das
Infektionsgeschehen nachhaltig beeinflusst, halten wir angesichts der
vergleichsweise geringen Infektionszahlen an unseren Schulen zudem
für zweifelhaft», hieß es weiter.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) forderte von der Regierung,
für die Verlängerung zwei zusätzliche Ferientage einzusetzen. Dies
wäre «ein deutliches Zeichen der Wertschätzung für die umfangreiche

Arbeit, die Kolleginnen und Kollegen in der Pandemie bis heute
geleistet haben», sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand.

Kritischer sieht das der Vorsitzende des Landeselternbeirats
Baden-Württemberg, Michael Mittelstaedt. Es sei weltfremd zu glauben,
dass die Schüler die zusätzliche freie Zeit in Quarantäne verbringen

würden, sagte er im SWR. Er rechnet vielmehr damit, dass die Tage
genützt würden, um früher in den Urlaub oder zu Verwandten zu fahren.


Dort wäre der Kreis der Feiernden aber begrenzt auf zehn Personen,
auch darauf haben sich die Ministerpräsidenten geeinigt. Diese
Obergrenze wäre für die Zeit vom 23. Dezember bis zum 1. Januar
allerdings immer noch doppelt so hoch, wie in den Wochen zuvor
erlaubt sein sollen. Weihnachten sei das «Fest der Feste für die
Deutschen», sagte Kretschmann. Da sei es trotz Corona wichtig, «die
Bevölkerung bei der Stange zu halten».

Für diese Lockerung der Auflagen zum Fest hat der SPD-Fraktionschef
Andreas Stoch wenig Verständnis. «Das Virus macht keine
Weihnachtsferien, deswegen kann auch unsere Vorsicht keine
Weihnachtsferien machen», sagte er der dpa. Die Debatte gehe «völlig

an der Realität vorbei», sagte der Sozialdemokrat. Viele Menschen
litten finanziell und gesundheitlich unter der Pandemie. «Es ist doch
ein Hohn, all diesen Menschen vorzumachen, das größte Problem sei die
Zahl ihrer Weihnachtsgäste oder die Frage, ob man am 31. Dezember mit
Böllern werfen darf oder nicht.»

Dagegen appellierte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart an die
Vernunft. «Letztlich hängt ein vernünftiges Verhalten auch zu
Weihnachten von der Eigenverantwortung jedes Einzelnen ab, und auf
diese Eigenverantwortung setzen wir», sagte er. Nach Ansicht von
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist die Zahl der zulässigen
Personen in Haushalten an den Feiertagen eh nur schwer zu
kontrollieren, daher habe die Idee eher einen Appellcharakter.
«Polizisten unterm Christbaum kann schließlich niemand ernstlich
beabsichtigen», sagte er.

Bund und Länder wollen am Mittwoch Klarheit schaffen, wie es
weitergeht mit den Corona-Maßnahmen. Neben strengeren
Kontaktbeschränkungen ab Anfang Dezember ist auch eine Ausweitung der
Maskenpflicht geplant. Der seit Anfang November geltende
Teil-Lockdown mit der Schließung von Kneipen und Restaurants sowie
Kultur- und Freizeiteinrichtungen soll auch in Baden-Württemberg bis
mindestens 20. Dezember verlängert werden.

Kretschmann zeigte sich nicht vollends überzeugt von der Linie der
Länder. «Ich bin skeptisch, ob das Paket insgesamt die nötige Wirkung

entfalten wird», sagte er. Er halte unter anderem den Zeitraum der
vorgeschlagenen Lockerungen vom den Heiligabend bis Neujahr für zu
lang. Es sei allerdings für die Bundesländer wichtig gewesen, die
Vorhaben möglichst einstimmig zu beschließen. «Man muss halt auch
Kompromisse machen, wenn man 16 zusammenhalten will», sagte
Kretschmann. Aber es seien auch Kompromisse dabei wie die Lockerung
der Kontaktbeschränkungen rund um das Fest, die ihm «außerordentlich

schwergefallen» seien.