LKA: Kein messbarer Anstieg von häuslicher Gewalt in Corona-Zeiten

Droht Frauen im Corona-Lockdown mehr häusliche Gewalt? Die
Befürchtung gibt es schon seit Jahresbeginn. Jetzt legt das
bayerische Landeskriminalamt eine Einschätzung vor - die auf den
ersten Blick überrascht.

München (dpa/lby) - Die Corona-Krise hat nach Angaben des bayerischen
Landeskriminalamtes (LKA) bislang nicht zu mehr bekannten Fällen
häuslicher Gewalt geführt - entgegen anders lautenden Befürchtungen.

«Vermutungen, dass die Corona-Krise das Problem häuslicher Gewalt
verschärfen könnte, weil zerstrittene Eheleute oder Partner nun viel
Zeit gemeinsam zu Hause verbringen, bestätigen sich zumindest bislang
nicht», teilte das LKA am Dienstag in München mit. Die Fallzahlen bei

häuslicher Gewalt seien «in diesem Jahr unauffällig und teilweise
sogar rückläufig». Allerdings lägen «abschließend belastbare Za
hlen
dazu» noch nicht vor.

Im Corona-Jahr 2020 zeichne sich «nach derzeitigen Erkenntnissen»
zwar keine ungewöhnliche Entwicklung ab. Die Zahlen der angezeigten
Taten könnten aber noch steigen. Denn es sei nicht ungewöhnlich, dass
diese Straftaten erst mit längerer zeitlicher Verzögerung bei der
Polizei angezeigt werden.

Das LKA spricht von häuslicher Gewalt, wenn der Täter der Ehemann,
Lebensgefährte oder der Ex ist. Nach dieser Definition gab es 2019 in
Bayern 16 660 Fälle von häuslicher Gewalt, im Jahr davor waren es 16

943. 2019 waren 13 081 Opfer weiblich.

Deutlich weniger Frauen als im Vorjahr wurden 2019 ermordet: Die Zahl
sank von 27 auf 8. Auffällig oft wurden Frauen Opfer von sogenanntem
Stalking, also von Nachstellung. Im vergangenen Jahr wurden 1339
Frauen gestalkt, nur 269 der Stalking-Opfer waren Männer. 8 Fälle von
Zwangsheiraten wurden der Polizei bekannt.

Dies alles sind gemeldete Zahlen aus dem sogenannten Hellfeld. Wie
das Dunkelfeld aussehen könnte, darauf gibt nach LKA-Angaben eine
Studie der Technischen Universität München (TUM) Aufschluss.

Während der ersten Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr dieses Jahres
berichteten 3,1 Prozent der Frauen zwischen 18 und 65 Jahren in
Deutschland von körperlichen Auseinandersetzungen mit dem Partner. In
6,5 Prozent der befragten Haushalte wurden Kinder körperlich
bestraft. 3,8 Prozent fühlten sich von ihrem Partner bedroht, 2,2
Prozent durften das Haus nicht allein verlassen.