Landkreis Hildburghausen bundesweiter Corona-Brennpunkt

Einige Zeit verlief das Corona-Infektionsgeschehen in Thüringen
überschaubar. Inzwischen spitzt sich die Lage vor allem in einem
Landkreis immer weiter zu. Das hat nun Konsequenzen, die nicht nur
Kinder und Eltern spüren werden.

Erfurt/Hildburghausen (dpa) - Nachdem der Südthüringer Landkreis
Hildburghausen einen bundesweiten Höchstwert beim
Corona-Infektionsgeschehen erreicht hat, werden dort alle Kitas und
Schulen geschlossen. Das gelte ab Mittwoch, hieß es am Montag aus dem
Gesundheitsministerium. Der Landkreis und die Landesregierung hatten
sich auf diesen Schritt verständigt. Für den gesamten Landkreis sind
zudem strengere Kontakt- sowie Ausgangsbeschränkungen geplant.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erreichte die Zahl der
Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage je 100 000
Einwohner am Montag im Kreis Hildburghausen den Stand von 396. In
keinem anderen Landkreis in Deutschland war die Sieben-Tagen-Inzidenz
laut RKI höher. Ein Abschwächen ist nach Einschätzung des Landrats
Thomas Müller vorerst auch nicht in Sicht: «Wir werden jetzt Richtung
500 marschieren», sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die
Sieben-Tage-Inzidenz. Er hatte schon länger gefordert, die Schulen
und Kitas zu schließen.

Klare Infektionsherde sind Müller zufolge kaum mehr auszumachen.
Inzwischen gebe es flächendeckend in allen Institutionen
Corona-Fälle. Schulen, Kitas, Verwaltungen, Polizei und auch
Altenheime seien massiv betroffen. «Das geht querbeet durch alle
Altersschichten», sagte der Landrat. Das örtliche Infektionsgeschehen
sei auch deshalb bemerkenswert, weil es sich um einen
Flächenlandkreis ohne wirkliche Ballungsgebiete handle. «Das sind 63
000 Einwohner auf einer Fläche von rund 937 Quadratkilometern.»

Wie der Sprecher des Thüringer Gesundheitsministeriums der Deutschen
Presse-Agentur sagte, sei geplant, dass alle Kinder und Schüler sowie
das pädagogische Personal nach fünf Tagen mit Hilfe von Schnelltests
auf eine Infektion mit dem Corona-Virus getestet werden. Dafür habe
das Gesundheitsministerium bereits 11 000 Antigen-Schnelltests
organisiert. Für die Testungen habe die Bundeswehr Unterstützung
zugesagt, hieß es.

Nach Ministeriumsangaben ist für Kinder im Landkreis die Betreuung
abgesichert. Für den gesamten Landkreis sei eine neue Verordnung
geplant, die unter anderem auch strengere Kontaktbeschränkungen
enthalte, sagte der Sprecher. Zudem werde es Ausgangsbeschränkungen
geben. Das Zuhause dürfe nur noch aus triftigen Gründen verlassen
werden, etwa für den Weg zur Arbeit oder für Bewegung an der frischen
Luft. «Wir müssen vor die Welle kommen und diese brechen», sagte
Müller. Er appellierte aber auch an die Menschen, von sich aus
Kontakte auf das Notwendigste zu beschränken.

Mit Blick auf die Schulschließungen teilte Gesundheitsministerin
Heike Werner (Linke) mit: «Diese Entscheidung ist uns nicht leicht
gefallen, denn das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung und
der Elternwunsch, die Schulen geöffnet zu halten, wiegen schwer.
Dennoch sind wir der Meinung, dass wir jetzt in diesem Landkreis zu
einer Kontaktminimierung im größeren Sinne kommen müssen. Ein
Infektionsgeschehen im bestehenden Ausmaß erfordert deutliche
Schritte.» Die Situation sei besorgniserregend.

Bundesweit lag am Montag laut RKI der Landkreis Sächsische
Schweiz-Osterzgebirge mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von etwa 387 an
zweiter Stelle. In Thüringen lag die Zahl der Neuinfektionen
innerhalb der vergangenen sieben Tage je 100 000 Einwohner bei rund
125. Insgesamt leben etwa 2,13 Millionen Menschen im Freistaat.

Insgesamt lag die Zahl der seit Pandemiebeginn bekannten Infektionen
im Landkreis Hildburghausen bei 760. Bislang sind dort fünf Menschen
gestorben, bei denen das Virus nachgewiesen wurde. Schätzungen
zufolge gelten 167 Infizierte als genesen.

Der Landkreis hat ein großes Stück Landesgrenze nach Bayern. Dort
habe es schon vor Wochen hohe Infektionszahlen gegeben, sagte Müller.
Es gebe viele Pendler, die die Grenze regelmäßig für die Arbeit
überquerten, aber auch viele grenzübergreifende private Kontakte.
Hierin könne ein Ursprung für die Infektionen im Landkreis liegen, so
Müller. Allerdings habe es etwa auch private Veranstaltungen gegeben,
auf die zumindest anfangs einige Infektionen zurückgeführt werden
konnten.

Auch der benachbarte Landkreis Sonneberg berichtete am Montag von
einer vergleichsweise hohen Sieben-Tage-Inzidenz von rund 217. Das
Altenburger Land im Osten Thüringens lag bei 200. Die Gesamtzahl der
seit Beginn der Pandemie in Thüringen registrierten
Corona-Infektionen stieg am Montag nach den RKI-Angaben im Vergleich
zum Vortag um 193 auf 13 739. Schätzungen zufolge gelten 9340 der
Fälle als genesen. Die Zahl der Gestorbenen, bei denen das Virus
nachgewiesen wurde, lag demnach im Freistaat bei 296.