Analyse: 0,5 Prozent der Kinder infiziert - Hauptquelle nicht Schule

«Lieber Maske auf als Schule zu» - viele Kinder und Jugendärzte sind

da einig. Das Corona-Risiko lässt sich bei Einhaltung der Regeln in
der Schule im Griff halten. Eine Datenanalyse belegt nur auch: Die
Dunkelziffer bei Kindern ist keineswegs besonders hoch.

München/Regensburg (dpa/lby) - Das Infektionsrisiko von Kindern in
Kita und Schule ist nach einer Datenerhebung an bundesweit mehr als
100 Kinderkliniken vergleichsweise gering. Bis Mitte November wurden
rund 116 000 Kinder und Jugendliche in den Krankenhäusern teils
routinemäßig auf Sars-CoV-2 getestet, bei 0,53 Prozent fiel der Test
positiv aus, wie Kinder- und Jugendmediziner am Montag bei einer
Online-Pressekonferenz berichteten. Sie sprachen sich eindringlich
dafür aus, die Schulen möglichst offen zu halten.

«Die Hauptquelle der Infektion bei Kindern und Jugendlichen ist
außerhalb der Schule», sagte Matthias Keller vom Vorstand der
Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Lehrern
müsse die Angst genommen werden, bei den Schülern ein erhöhtes
Ansteckungsrisiko einzugehen, hieß es weiter. Die «Passauer Neue
Presse» hatte zuerst über die Erhebung berichtet.

Nur acht von mehr als 600 infizierten Kindern und Jugendlichen hätten
sich in der Schule angesteckt, sagte Michael Kabesch von der
Universitätskinderklinik Regensburg. In der Schule würden
Corona-Maßnahmen eingehalten - während dies im privaten Umfeld nicht
unbedingt der Fall sei. Wie in der Gesamtbevölkerung seien die
Infektionen bei den Kindern in den Kliniken seit Oktober deutlich
angestiegen auf 1,3 Prozent.

Alles deute darauf hin, dass sich hier der Anstieg der allgemeinen
Zahlen spiegele, sagte Johannes Hübner von der Deutschen Gesellschaft
für Pädiatrische Infektiologie. Es müsse gelingen, die Ausbreitung
des Virus insgesamt einzudämmen - damit sei auch Schulproblematik in
den Griff zu bekommen. «Es gibt einen internationalen Konsens, dass
Schulen nicht das Hauptrisiko bei der Verbreitung von Sars-CoV-2
sind.» Schulschließungen seien für Kinder schwerwiegend. «Das
Schließen von Schulen hat katastrophale Langzeitfolgen», warnte
Hübner. Etwa habe sich gezeigt, dass häusliche Gewalt steige.

«Bildung ist die Zukunft für unsere Kinder», unterstrich auch der
Generalsekretär des Verband der leitenden Kinderärzte und
Kinderchirurgen Deutschlands, Wolfgang Kölfen.

Die Mediziner verwiesen zudem auf Daten aus Österreich, nach denen
die Infektionszahlen in einer bestimmten Altersgruppe junger Menschen
bei Schulschließungen sogar eher angestiegen waren. In den
Niederlanden gebe es wiederum Zahlen, nach denen sich Lehrer seltener
infiziert hätten als der Durchschnitt der Bevölkerung, sagte Keller.

Die Mediziner sehen auch bestätigt, dass Kinder und Jugendliche sich
weniger leicht anstecken als Erwachsene. Die Gründe dafür seien nicht
vollständig geklärt, wahrscheinlich seien es mehrere Faktoren
verantwortlich, sagte Hübner.

«Lieber Maske auf als Schule zu», sagte auch Dominik Ewald, Vorstand
des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Bayerns. Es müsse in
der Schule Abstands- und Hygieneregeln geben. Wichtig sei aber, dass
die Regeln auch auf dem Schulweg eingehalten würden. Im Klassenzimmer
müssten die Kinder alle zehn Minuten frieren, weil gelüftet werde.
«Aber im Schulbus quetscht sich alles zusammen, einer reißt dem
anderen die Maske runter - das sind nun mal Kinder.» Ewald trat auch
Gerüchten entgegen, wonach es unter der Maske zu einer schädlichen
Konzentration von CO2 kommen soll.