Hautärzte wegen Millionenbetrugs vor Gericht Von Sebastian Schlenker, dpa

Um Profit zu machen, sollen zehn Hautärzte in einer Praxis in
Reutlingen ein System aus falschen Abrechnungen betrieben haben. Neun
sollen dabei hohe Gewinne eingestrichen haben. Nun stehen die
Mediziner für ihren mutmaßlichen Betrug vor Gericht.

Tübingen (dpa/lsw) - Über Jahre sollen zehn Hautärzte mit
Abrechnungen betrogen und so einen Millionenschaden verursacht haben
- nun müssen sie sich vor dem Landgericht Tübingen verantworten. Der
Schaden für die Kassenärztliche Vereinigung beträgt rund 1,3
Millionen Euro. Die Vorwürfe wiesen die Angeklagten beim
Prozessauftakt am Montag zurück.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben neun der nun angeklagten
Ärzte von 2005 bis 2011 gemeinsam ein Laserzentrum in Reutlingen
betrieben. Dort behandelte demnach eine ebenfalls angeklagte
Hautärztin in 160 Fällen Patienten, rechnete diese Leistungen jedoch
über ihre Kolleginnen und Kollegen ab, so dass diese das Geld
einstrichen. Für die Behandlung hatte sie laut Anklage keine
Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung. Sie steht wegen Beihilfe
zum Betrug vor Gericht.

Die neun als Haupttäter angeklagten Hautärzte, sieben Männer und zwei

Frauen, sollen die Profite selbst eingestrichen haben, zum Teil floss
das Geld demnach auch in die gemeinsame Praxisgesellschaft. Um noch
mehr Profit zu machen, sollen die Angeklagten in einigen Fällen
Behandlungen auch mehrfach abgerechnet haben. Nach Angaben des
Gerichts ergeben sich aus den Abrechnungsunterlagen bis zu neun
behandelnde Ärzte. Die Anklage lautet deshalb auf gewerbs- und
bandenmäßigen Betrug. Mehrere der Angeklagten sind weiter als
Hautarzt tätig.

Die Angeklagten wiesen die Vorwürfe am ersten Verhandlungstag zurück,
zunächst wollte sich keiner von ihnen äußern. Einer der Verteidiger
verlas jedoch eine Erklärung, der sich alle Angeklagten anschlossen.
Darin wies er den Vorwurf des Betrugs zurück. Ein bandenmäßiges
Vorgehen konnte er ebenfalls nicht erkennen. Dass die Angeklagten
Mitsprache bei den Abrechnungen der anderen gehabt sollen, wies er
als «völlig realitätsfremd und nicht beweisbar» zurück.

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, droht den Angeklagten
zusätzlich zur Strafe wegen Betrugs die Einziehung von Vermögen in
Höhe des verursachten Schadens, wie die Vorsitzende Richterin Manuela
Haußmann betonte. Die Verteidiger gaben jedoch bekannt, dass es durch
ihre Mandanten bereits Rückzahlungen an die Kassenärztliche
Vereinigung in Höhe der stritten Abrechnungen gegeben habe. Zudem
baten sie gleich zu Beginn um ein klärendes Gespräch. Bei diesem
sollten die Punkte der Anklage und die drohende Einziehung von
Vermögen besprochen werden. Dem stimmten das Gericht sowie die
Vertreter der Staatsanwaltschaft zu. Vor Beginn des nächsten
Prozesstages wollen alle Seiten hierzu zusammenkommen.

Die nun angeklagten Mediziner standen Ende 2017 schon einmal vor
Gericht. Doch das Verfahren wurde nach wenigen Wochen ausgesetzt. Die
Ermittlungen waren bereits 2010 nach Hinweisen durch die
Kassenärztliche Vereinigung über Abrechnungsbetrug im großen Stil in

Gang gekommen. Für den Prozess vor der 2. Großen Strafkammer sind
zunächst 14 Verhandlungstage bis Anfang Februar anberaumt. Die
Verhandlung wird am 30. November fortgesetzt.