Infizierten-Suche: Massentests in Südtirol, China und der Slowakei

Massentests sind kein Allheilmittel - das wissen selbst viele Macher.
Trotzdem mehren sich die Reihenuntersuchungen. In Südtirol erhalten
fast 3200 Menschen einen unangenehmen Bescheid, und die Slowakei ist
unzufrieden mit ihren Bürgern.

Bozen/Peking/Bratislava (dpa) - Massentests im Kampf gegen die
Corona-Pandemie nehmen zu, doch auch Kritiker machen Front. Bei einer
dreitägigen Corona-Massenuntersuchung in der norditalienischen
Provinz Südtirol haben am Wochenende einige tausend Menschen von
ihrer Infektion erfahren. Bis zu Ende der Hauptphase am Sonntagabend
hatten in der kleinen Alpen-Provinz gut 343 000 Bürger und
Bürgerinnen freiwillig einen kostenlosen Abstrich machen lassen. Wie
die Behörden im Internet mitteilten, erhielten bis 20 Uhr insgesamt
fast 3200 Teilnehmer (0,9 Prozent) ein positives Corona-Resultat.

Die Landesregierung in Bozen wollte mit der Aktion Virusträger
aufspüren, die nichts von ihrer Infektion ahnen. Sie gelten als
gefährliche Ansteckungsquelle.

In China hatte ein Test noch größere Dimensionen: Nach vereinzelten
Neuinfektionen ließ die Stadt Tianjin im Norden eine Million Menschen
auf das Coronavirus untersuchen. Die Tests wurden im Hafengebiet von
Binhai vorgenommen. Dort waren zuvor in einem Wohngebiet fünf neue
Infektionen und weitere drei asymptomatische Fälle festgestellt
worden, wie Staatsmedien berichteten.

Zwei weitere lokale Ansteckungen wurden jeweils aus Shanghai sowie
aus Manzhouli in der Inneren Mongolei gemeldet. Seit dem Sommer hat
China das Virus mit strengen Maßnahmen, Massentests, Quarantäne,
Kontaktverfolgung und strikten Einreisebeschränkungen weitgehend
unter Kontrolle gebracht. Vor knapp einem Jahr waren in dem Land
erstmals Infektionen mit Sars-CoV-2 in der Metropole Wuhan entdeckt
worden.

In der Provinz Bozen-Südtirol, über die ein Teil-Lockdown verhängt
ist, leben gut eine halbe Million Menschen. Die Verantwortlichen
sprachen am Sonntagabend von einem «außergewöhnlichen Ergebnis».

Der Erfolg eines Massentests hängt nach Einschätzung von Experten
stark von einer hohen Teilnahmequote ab. Kritiker bemängelten, dass
die Resultate von Antigen-Schnelltests nicht verlässlich genug seien.
Forderungen nach einer Übernahme der Massentests für Deutschland hält

Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, für ein
«Strohfeuer». «Denn Infektionsgrundschutz, Kontaktdokumentation und
laborgestützte PCR-Test können so nicht ersetzt werden», erläuterte

er der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Es bestehe vielmehr die
Gefahr, dass infizierte Menschen sich wegen eines negativen Tests
fälschlicherweise in Sicherheit wiegen.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher räumte ein, der Massentest
sei «kein Allheilmittel und auch nicht die Lösung des Problems». Aber

die Aktion könne helfen, «den Lockdown zu verkürzen». Weitere
Screenings sollten folgen.

In der Slowakei, wo es Ende Oktober und Anfang November erste große
Reihenuntersuchungen gab, liefen am Wochenende neue, lokale Tests:
Rund 400 000 Menschen in den knapp 500 kleinen Gemeinden mit vorher
besonders hohen Infektionsraten sollten überprüft werden - anders als
beim Auftakt diesmal freiwillig. Die Teilnahme sackte stark ab.
Regierungschef Igor Matovic äußerte sich im TV-Sender TA3
unzufrieden. Er kündigte an, bei geplanten weiteren Tests im Dezember
werde man wohl wieder Sanktionen androhen müssen, damit die Tests
sinnvoll seien. Bei den ersten Runden waren die Sanktionen kritisiert
worden, die den Nicht-Teilnehmern damals drohten.