Weit entfernt von Corona-Entspannung: 1100 neue Infektionen

Wie weiter in der Pandemie? Darum geht es am Mittwoch in einer
Bund-Länder-Beratung mit Kanzlerin Merkel. In Thüringen hat der
Teil-Lockdown den Anstieg der Fallzahlen bisher nicht gebremst - im
Gegenteil.

Erfurt (dpa/th) - Wenige Tage vor der geplanten Bund-Länder-Beratung
zu Anti-Corona-Maßnahmen steigt die Zahl der Sars-CoV2-Neuinfektionen
in Thüringen ungebremst. Am Wochenende wurden gut 1100 neue Fälle
registriert. Nach dem neuen Tageshöchstwert von 686 am Samstag kamen
bis Sonntag weitere 415 Neuinfektionen hinzu, wie das Thüringer
Gesundheitsministerium am Sonntag unter Berufung auf das Berliner
Robert Koch-Institut mitteilte (Stand 0.00 Uhr). Die hohe
Sonntagszahl ist umso bemerkenswerter, weil es an Sonntagen oft zu
Meldeverzögerungen kommt. Auch die Zahl der Menschen in Thüringen,
die wegen einer Covid-19-Erkrankung auf Intensivstationen von
Krankenhäusern behandelt werden müssen, und der Toten im Zusammenhang
mit einer Infektion stieg weiter an.

Laut Deutscher Interdisziplinärer Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin (DIVI) wurden am Sonntag 96 an Covid-19 Erkrankte
intensivmedizinisch behandelt, wobei 26 invasiv beatmet werden
mussten. Seit Pandemiebeginn sind 293 Menschen, bei denen das
Sars-CoV2-Virus festgestellt wurde, gestorben - allein am Wochenende
wurden elf Todesfälle gemeldet.

Angesichts der Entwicklung mahnten Thüringer Politiker eindringlich
zur Einhaltung von Infektionsschutzregeln. «Wir sind noch nicht über
den Berg. Bitte bleibt achtsam», twitterte Ministerpräsident Bodo
Ramelow (Linke) am Samstag. Solange kein Impfstoff zur Verfügung
stehe, sei die beste Variante, die Kontakte zu reduzieren und sich
mit möglichst wenigen Menschen zu treffen, sagte
Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) in einer Videobotschaft.
Der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Mario Voigt twitterte: «Corona
ist nicht vorbei und verzeiht keinen Leichtsinn.»

Am Mittwoch wollen sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut über die Corona-Lage und
mögliche weitere Schutzvorkehrungen verständigen. Am Wochenende
liefen dazu Vorabstimmungen. Der derzeitige Vorsitzende der
Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), hat eine
Verlängerung des Teil-Lockdowns über Ende November hinaus in Aussicht
gestellt. Eine entsprechende Forderung kam auch von Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Aus der Thüringer Staatskanzlei

hieß es am Sonntag zunächst, man wolle sich vorab nicht äußern.

Der Südthüringer Landkreis Hildburghausen befindet sich auch
bundesweit unter den Kreisen mit besonders vielen Neuinfektionen. Am
Sonntag wurden dort rund 386 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner
innerhalb von sieben Tagen registriert, wie aus Zahlen des
Robert-Koch-Instituts hervorgeht. Bereits am Samstag hatte der
Landkreis mit einem Sieben-Tage-Wert von rund 315 pro 100 000
Einwohner im Lagebericht des Robert-Koch-Instituts bundesweit Platz
fünf unter den Kreisen und kreisfreien Städten eingenommen. Der Kreis
hat gut 63 000 Einwohner.

Mehrere Thüringer Kommunen meldeten am Wochenende wiederum
Corona-Ausbrüche in Schulen. In Jena ist ein christliches Gymnasium
betroffen, es wurde laut Stadtverwaltung nach der Infektion eines
Pädagogen vorübergehend geschlossen. An Schulen im Ilm-Kreis sind
nach Angaben des Landratsamtes mehr als 400 Kinder, Jugendliche und
Lehrkräfte nach Corona-Fällen als enge Kontaktpersonen Infizierter in
Quarantäne.

Die Zahl der Neuinfizierten je 100 000 Einwohner in den vergangenen
sieben Tagen lag am Sonntag im Landesdurchschnitt bei rund 121. Seit
Pandemie-Beginn haben sich insgesamt 13 546 Menschen in Thüringen mit
dem Coronavirus infiziert, von ihnen gelten 9090 als genesen.