Glühwein to go statt Weihnachtsmarkt - Schausteller schlagen Alarm

Kein gemeinsames Aufwärmen mit Punsch, Bratwurstessen am Stand oder
Naschen von gebrannten Mandeln: Viele Weihnachtsmärkte fallen wegen
Corona aus. Für die einen vielleicht bloß schade, für die anderen
eine Katastrophe.

Berlin (dpa) - Höchstens Glühwein to go statt geselliger
Weihnachtsmärkte: Die Corona-Krise wirbelt liebgewonnene
Adventstraditionen gehörig durcheinander. Die Schausteller warnen
angesichts abgesagter Adventsmärkte gar vor einem Sterben der
deutschen Weihnachtsmarkttradition.

Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Schaustellerbund
(DSB), sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Schaustellergeschäft
lebe von etwa 5000 Unternehmen, allesamt Familienbetriebe. «Wenn sie
die Corona-Krise nicht überleben, wird es die Volksfeste und
Weihnachtsmärkte, so wie wir sie kennen und lieben, zukünftig nicht
mehr geben.» Das diesjährige Verbot von Festen und Weihnachtsmärkten

komme «in seiner Wirkung einem Berufsausübungsverbot gleich» und
bedeute für die Mehrzahl der Vereinsmitglieder einen kompletten
Einnahmeausfall. Vielen drohe der Untergang.

Die Überbrückungshilfen des Staates seien lückenhaft und holten
Schausteller kaum in der saisonbestimmten Lebenswirklichkeit ab,
betonte der DSB. Der Verband glaube, dass Weihnachtsmärkte auch unter
Corona-Bedingungen an frischer Luft möglich gewesen wären - etwa mit
größeren Abständen und durchdachten Hygienekonzepten.

«Die Weihnachtsmärkte waren die letzte Chance der Schausteller, in
diesem Jahr noch mit der eigenen Hände Arbeit Geld zu verdienen»,
betonte Hakelberg, «nachdem fast all unsere circa 10 000 Volksfeste
den verordneten Schließungen zum Opfer gefallen sind».

Glühwein-to-go-Stände, wie sie mancherorts vor Cafés, Läden und
Restaurants improvisiert werden, sehen die Schausteller als
«Ungleichbehandlung», da diese Möglichkeit nur Gewerbetreibenden, die

nicht vom Arbeitsplatz Volksfest abhängig seien, offenstehe.

In Erfurt dürfen offene alkoholische Getränke schon nicht mehr zum
Mitnehmen verkauft werden. Damit werde ein Schlupfloch geschlossen,
hieß es von der Stadt. Dort, wo Alkohol konsumiert werde, bildeten
sich Gruppen und es entstehe eine hohe Infektionsgefahr.

Eigentlich eröffnen die meisten Weihnachtsmärkte im deutschsprachigen
Raum nach Totensonntag, also ab diesem Montag (23. November).

Viele Märkte sind aber schon abgesagt worden wegen eines zu hohen
Infektionsgeschehens, darunter der weltberühmte Christkindlesmarkt in
Nürnberg und der Dresdner Striezelmarkt als einer der ältesten
Weihnachtsmärkte der Welt.

In vielen Städten sollen nun lediglich Weihnachtsbeleuchtung und
zentral aufgestellte Weihnachtsbäume für Stimmung sorgen.

Den Kommunen gehen dabei auch erhebliche Einnahmen verloren. Die
Stadt Hannover zum Beispiel büßt einem Sprecher zufolge rund 440 000

Euro ein. Auch der Einzelhandel leidet, da sich Weihnachtsmärkte
normalerweise belebend auf die Innenstädte auswirken und zusätzliche
Besucher in die stationären Geschäfte ziehen.

Schon Anfang November hatten in einer Yougov-Umfrage für die Deutsche
Presse-Agentur mehr als zwei Drittel der erwachsenen Bundesbürger
damit gerechnet, dass Weihnachtsmärkte im Corona-Winter ausfallen.

Am Mittwoch wollen die Länderchefs zusammen mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise
entscheiden. Für Montag wird erwartet, dass die Ländervertreter über

einen Vorschlag beraten. Erwartet wird, dass die bis 30. November
geltenden Einschränkungen verlängert oder gar verschärft werden.

In Baden-Württemberg hatte SPD-Landeschef Andreas Stoch einheitliche
Corona-Regeln und klare Ansagen für Adventsmärkte gefordert. «Wenn
wir im Dezember in einem Landkreis Märkte mit Maskenpflicht haben und
im Nachbarkreis nicht, wenn es in einem Ort Alkohol-Ausschank gibt
und im nächsten Ort nicht, dann gibt die Politik einen chaotischen
Glühwein-Tourismus vor.» Corona-Hotspots von Feiernden vor
Weihnachten müssten unbedingt verhindert werden.

Mancherorts gibt es indes kreative Lösungen, um Weihnachtsmärkte doch
möglich zu machen. Am Niederrhein ist ab 10. Dezember in Kalkar ein
«Drive-In»-Weihnachtsmarkt auf dem weitläufigen Gelände des
Freizeitparks Wunderland geplant. Die Besucher sollen auf einer rund
2,5 Kilometer langen Strecke in ihren Autos bleiben und auf dem
einstigen Kraftwerksgelände Kunstschnee, Musik, Eintopf und Glühwein
sowie eine Krippe mit echten Kamelen geboten bekommen.