Stegner für regionale Differenzierung bei Corona-Maßnahmen

Bundeseinheitliche Regeln ja, aber nicht überall gleiche Maßnahmen -
so stellt sich der Kieler SPD-Fraktionschef Stegner die weitere
Corona-Marschroute vor. Damit teilt er den Kurs der
Jamaika-Koalition.

Kiel (dpa/lno) - Für weitere Corona-Schutzmaßnahmen setzt der
SPD-Politiker Ralf Stegner auf regionale Differenzierungen nach einem
bundeseinheitlichen Maßstab. Dieser sollte nicht bedeuten, dass
überall das Gleiche gilt, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende im
Kieler Landtag der Deutschen Presse-Agentur. «Aber überall gilt der
gleiche Maßstab.» Abhängig von den Infektionszahlen könnten
abgestufte Maßnahmen greifen. Auf ein solches Verfahren sollten sich
Bund und Länder in den anstehenden Beratungen verständigen, sagte
Stegner. Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
wollen am Mittwoch ein Maßnahmenpaket beschließen.

«Wir brauchen einen transparenten und nachvollziehbaren
Maßnahmenkatalog», erläuterte Stegner. «Bei einer Inzidenz von 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen gilt dies,
bei 70 das und bei 100 jenes.» Die Menschen hätten verstanden, dass
die Gesundheitsämter bei einer Inzidenz von 50 die
Kontaktnachverfolgung noch gewährleisten können. Es wäre falsch,
eine Region mit 30er-Inzidenz genau so zu behandeln wie eine mit 200.
Dies sei auch eine Frage der Akzeptanz einschränkender Maßnahmen.
Schleswig-Holstein hat mit Mecklenburg-Vorpommern und Sachchen-Anhalt
die niedrigsten Infektionszahlen in Deutschland.

Auch die von Daniel Günther geführte Jamaika-Koalition verfolgt den
von Stegner beschriebenen Kurs. Wichtig sei eine Verständigung im
norddeutschen Raum, sagte der SPD-Politiker. Denkbar sei für ihn
auch, dass im Land in einem Kreis mit niedrigen Infektionswerten
Gaststätten wieder öffnen können, in einem mit hohen Zahlen aber
nicht. «Bei klar nachvollziehbaren Kriterien kann man das gut
vertreten.» Differenzierungen zwischen Kreisen seien besser, als
kollektiv alle zu bestrafen.

Zu bedenken sei auch, dass anhaltende Betriebsschließungen weitere
Entschädigungszahlungen nachziehen würden, sagte Stegner. «Wenn der
Staat etwas anordnet, muss er auch zahlen.» Hier gehe es um gewaltige
Summen in Milliardenhöhe. Vorstellbar seien für ihn auch eine
Anmeldepflicht für Restaurantbesuche und eine Reservierungspflicht
für Fernfahrten mit der Bahn, sagte Stegner.

Die Bereitstellung ausreichender Intensivkapazitäten in den
Krankenhäusern dürfe keine Frage des Geldes sein. «Da darf nicht
geknausert werden.» Es sei nicht richtig, dass Schleswig-Holsteins
Kliniken nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz keine Mittel
bekämen, weil die Infektionszahlen hier vergleichsweise niedrig sind.
Stegner verwies darauf, dass die norddeutschen Länder im Bedarfsfall
wechselseitig Intensivpatienten aufnehmen werden. «Dazu passt kein
Finanzierungssystem, das sich an Inzidenzen orientiert.»

Im Blick auf die Schulen sieht Stegner falsche Signale aus Berlin.
Der Vorschlag, in halber Klassenstärke zu unterrichten, laufe auf 50
Prozent Unterrichtsausfall hinaus. Besser wäre es, die Schulen mit
Belüftungsanlagen auszustatten. «Die Fachleute sagen uns ja, damit
könnten 90 Prozent des Virenbefalls ausgeschaltet werden.» Dies hätte

auch noch den Effekt, dass die Wirtschaft davon profitieren würde.
«Hier wünsche ich mir mehr Power.» Wenn so ein Programm bundesweit
1,5 Milliarden Euro kosten würde, wäre das immer noch weniger, als
allein die Lufthansa bekommt.