NRW setzt nach Gerichtsurteil Corona-Einreiseverordnung außer Kraft

Schlappe für die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen: Ein Gericht
kippt die Corona-Einreiseverordnung. Einen Reisenden zu isolieren,
wenn auf ihn in seiner Heimat deutlich höhere Infektionszahlen
warten, macht nach Richtermeinung keinen Sinn. Das Land reagiert.

Düsseldorf/Münster (dpa/lnw) - Das NRW-Gesundheitsministerium setzt
nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster
(OVG) die Corona-Einreiseverordnung des Landes außer Kraft. «Da das
OVG wesentliche Bedenken gegen die zentralen Regelungen der
Verordnung geäußert und sie außer Kraft gesetzt hat, ist die gesamte

Verordnung ab sofort nicht mehr anzuwenden», erklärte eine Sprecherin
des Ministeriums am Freitagabend auf Anfrage der dpa. Eine
entsprechende Mitteilung an die Kommunen erfolge umgehend.

Das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen in Münster hatte
wenige Stunden zuvor die in der Corona-Einreiseverordnung geregelte
Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer aus Risikogebieten gekippt.

Nach Ansicht des Gerichts hat das Land nicht berücksichtigt, dass
Reisende bei der Rückkehr aus Ländern mit geringeren Infektionszahlen
als an ihrem Wohnort nach der Heimkehr einem höherem Infektionsrisiko
ausgesetzt sind. Somit sei die Quarantäne aktuell kein geeignetes
Mittel zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Deutschland, teilte das
Gericht am Freitag mit. Der Beschluss ist nicht anfechtbar (Az: 13 B
1770/20.NE).

Der Beschluss des OVG stellt nach Ansicht des
NRW-Gesundheitsministeriums das bisherige System des Bundes zur
Ausweisung von ausländischen Risikogebieten in Frage. Das
Oberverwaltungsgericht sei der Auffassung, dass eine Quarantäne nicht
gerechtfertigt ist, wenn in den Gebieten des jeweiligen Aufenthalts
kein höheres Ansteckungsrisiko als hierzulande bestehe. Derzeit
erfolge eine Einordnung als Risikogebiet durch das RKI unabhängig von
einem Vergleich mit der jeweiligen Infektionslage in Deutschland. Das
NRW-Gesundheitsministerium kündigte an, das Urteil des OVG in den
nächsten Tagen auszuwerten.

Der Kläger aus Bielefeld war bis zum 13. November auf Ibiza und
reiste dann weiter nach Teneriffa. Am 22. November will er zurück
nach Deutschland fliegen. Weil der Wert der Neuansteckungen pro
100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auf den Balearen
deutlich niedriger liegt als in Bielefeld, wehrte er sich gegen den
Vorwurf, als ansteckungsverdächtig qualifiziert zu werden.

Nach der gekippten Regelung müssen sich Rückkehrer aus ausländischen

Risikogebieten nach der Einreise nach Nordrhein-Westfalen in
häusliche Quarantäne begeben (Absonderung) und dürfen zehn Tage lang

keinen Besuch aus anderen Haushalten empfangen.

«Das von den Rückkehrern ausgehende Infektionsrisiko stellt sich
jedenfalls bei vergleichbaren Inzidenzwerten nicht anders dar, als
wenn sie daheim geblieben wären», schreibt das Oberverwaltungsgericht
zur Begründung. Die angefochtenen Regelungen seien daher
unverhältnismäßig.