Rufe nach mehr Hilfe für arme Länder vor G20-Gipfel - Trump dabei?

Die Corona-Pandemie trifft die ganze Welt, doch für die ärmeren
Staaten sind die Folgen besonders schlimm. Der G20-Gipfel könnte ein
Zeichen setzen. Allerdings gibt es vorab einige Fragezeichen.

Brüssel/Berlin/Riad (dpa) - Vor dem G20-Gipfel der führenden
Wirtschaftsnationen an diesem Wochenende werden die Rufe nach mehr
Hilfe für die ärmeren Länder lauter. Im Zentrum des virtuellen
Treffens am Samstag und Sonntag stehen der Kampf gegen die
Corona-Pandemie sowie deren Folgen für die Weltwirtschaft und
Arbeitsplätze. Die EU will eine stärkere Unterstützung für ärmere

Staaten einfordern. Entwicklungsorganisation riefen die großen
Industrienationen gleichzeitig dazu auf, endlich eine gemeinsame
Strategie zur Bekämpfung des Virus zu entwickeln.

Für US-Präsident Donald Trump dürfte es der letzte internationale
Gipfel sein. Rätselraten herrschte am Freitag auf deutscher Seite
darüber, ob er tatsächlich an dem Gipfel teilnehmen wird. Dieser
sollte eigentlich in der saudischen Hauptstadt Riad stattfinden.
Wegen der Pandemie treffen sich die G20 aber nur per Videoschalte.

Die Bundesregierung sieht trotz des schleppenden Machtübergangs in
den USA von Trump zu seinem gewählten Nachfolger Joe Biden keine
spürbaren Beeinträchtigungen bei den Vorbereitungen. Die
Zusammenarbeit mit den USA auf Ebene der Berater laufe eigentlich
sehr gut, hieß es am Freitag aus deutschen Regierungskreisen. Auch
China, das von Trump im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie massiv
angegriffen worden war, habe sich sehr konstruktiv eingebracht,

Im Zusammenhang mit der internationalen Impfstoff-Initiative Covax,
zu der Deutschland bereits 100 Millionen Euro beigesteuert hat, werde
es auf dem Gipfel keine weiteren finanziellen Zusagen geben, hieß es
in den Regierungskreisen weiter. Bis Ende 2021 werden für die
Initiative elf Milliarden US-Dollar benötigt. An ihr beteiligen sich
schon 150 Länder, darunter auch China, nicht aber die USA.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) forderte die führenden
Wirtschaftsnationen auf, sich an der Impfstoff-Initiative zu
beteiligen. «Deutschland und Europa haben hier schon erhebliche
Finanzmittel zugesagt», erklärte er nach Beratungen der
G20-Finanzminister. Deutschland sei zweitgrößter Geber. Doch:
«Notwendig ist, dass alle G20-Staaten sich daran beteiligen.»

Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll
um zusätzliches Geld für die wegen der Corona-Krise gestartete
Impfstoff-Initiative geworben werden. Zudem will sich die EU für
weitere Schuldenerleichterungen starkmachen.

Um ärmere Länder mit Impfstoffen versorgen zu können, würden im
kommenden Jahr schätzungsweise weitere fünf Milliarden US-Dollar (4,2
Milliarden Euro) benötigt. Zudem brauche es Geld für Tests und
Behandlungen. Insgesamt würden voraussichtlich Mittel in Höhe von 38
Milliarden Dollar (32 Milliarden Euro) benötigt.

Die Entwicklungsorganisationen One und Oxfam forderten, die reichen
Länder müssten für eine gerechte Verteilung von bezahlbaren
Impfstoffen an alle Menschen in der Welt sorgen. Kanzlerin Angela
Merkel sei besonders gefordert, «alles in die Waagschale zu werfen»,
sagte One-Direktor Stephan Exo-Kreischer.

Da mehr als 200 Millionen Menschen durch die Corona-Krise zusätzlich
in extreme Armut abzurutschen drohten, müssten die G20-Staaten auch
gegen die verschärfte Armuts- und Ungleichheitskrise vorgehen, sagte
Tobias Hauschild von Oxfam der Deutschen Presse-Agentur. «Bislang
kommt die G20 ihrer Führungsrolle nicht nach.» Es sei ein umfassender
Schuldenerlass für arme Länder und eine gerechte Verteilung künftiger

Impfstoffe auch in Ländern des Südens notwendig.

Im Mittelpunkt des ersten Gipfeltages stehen nach einer öffentlichen
Eröffnungszeremonie Beratungen hinter verschlossenen Türen. Vor allem
beim Klimathema, bei dem die USA bei früheren Gipfeln eine gemeinsame
Abschlusserklärung verhindert hatten, wurden in deutschen
Regierungskreisen schwierige Verhandlungen erwartet. Die G20-Staats-
und Regierungschefs repräsentieren mehr als 85 Prozent der globalen
Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung.