Corona-Massentest in Südtirol gestartet: Lange Menschenschlangen

Südtirol will mit einem dreitägigen Massentest die Corona-Welle
schneller brechen. Zum Start strömen die Menschen in die
Teststationen. Eine weitere Region Italiens probiert eine andere Form
der Virus-Untersuchung aus - viel kleiner und noch einfacher.

Bozen (dpa) - In Italien sind im Anti-Corona-Kampf ein Massentest in
Südtirol und ein Versuch mit einem Schnelltest für zu Hause in
Venetien angelaufen. Zum Auftakt der kostenlosen Massenuntersuchung
in Südtirol bildeten sich lange Schlangen vor vielen Teststationen,
wie Medien am Freitag berichteten. Die kleine Alpen-Provinz mit gut
einer halben Million Menschen möchte bis zum Sonntag bei rund zwei
Drittel der Bürger einen Abstrich machen. Der Antigen-Schnelltest ist
freiwillig. Schon seit Wochenbeginn läuft im norditalienischen
Venetien ein Versuch mit Corona-Testsets für den Hausgebrauch.

Die Landesregierung in Bozen will mit der dreitägigen Aktion unter
dem Motto «Südtirol testet» Virusträger aufspüren, die nichts von

ihrer Infektion ahnen. Sie gelten als gefährliche Ansteckungsquelle.
So soll die zweite Corona-Welle schneller gebrochen werden. Italien
war in der ersten Welle im Frühjahr heftig getroffen worden. Nach
einer Erholung im Sommer sind die Ansteckungszahlen jetzt - auch im
Vergleich zu Deutschland - wieder hoch.

Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte die Bürger mehrfach zur
Teilnahme aufgerufen. Die Provinz Bozen-Südtirol hofft, dass bis zum
Sonntag etwa 350 000 Menschen teilnehmen. Wer ein positives Ergebnis
bekommt, aber beschwerdefrei ist, soll sich zehn Tage zu Hause
isolieren. Mitmachen können Männer, Frauen sowie Kinder ab fünf
Jahren. Es gibt knapp 200 Teststandorte.

Das jeweilige Resultat soll nach spätestens einer halben Stunde
vorliegen. Die Bürger können es sich per E-Mail oder Kurzmitteilung
aufs Handy schicken lassen. Auf einer Internetseite veröffentlichten
die Behörden erste Ergebnisse: Danach gab es bis Freitag 10 Uhr mehr
als 24 000 Teilnehmer. Fast 600 Menschen wurden positiv getestet.

Das Virus-Screening war außerdem auch in Betrieben, Arztpraxen und
Apotheken möglich. An diesen drei Orten hatte das Testprogramm schon
kurz vorher begonnen. Und es läuft drei Tage länger.

Die Autonome Provinz gehört in Italien wegen der hohen Corona-Zahlen
zu den Roten Zonen mit besonders strengen Ausgangsbeschränkungen. Die
Menschen sollen ihre Häuser nur verlassen, wenn sie etwa zur Arbeit,
zum Arzt oder zum Einkaufen müssen. Am Donnerstag hatten die Behörden
dort rund 700 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert.

Der Erfolg eines solchen Massentests hängt nach Einschätzung des
Experten Stephan Ortner stark von der Teilnahmequote ab. Wie der
Direktor des Eurac Research Zentrums in Bozen erläuterte, kann ein
gut organisierter Test mit hoher Beteiligung so gut «wie ein totaler
Lockdown von vielen Wochen» wirken. Ein starker Erfolg sei möglich
bei einer Quote ab 70 Prozent, wie Studien seines Instituts zeigten.
In einem großen Staat, etwa in ganz Italien oder Deutschland, lasse
sich so ein freiwilliger Test aber wohl nicht in ähnlicher Weise
durchführen, meinte er. In einzelnen Bundesländern jedoch schon.

Andere Stimmen wiesen darauf hin, dass für den langfristigen Erfolg
von Massentests auch der Einsatz einer Corona-App und große
Datenverarbeitungskapazitäten wichtig seien. Ende Oktober hatte
bereits die Slowakei einen größeren Corona-Massentest gestartet.
Daran beteiligten sich mehrere Millionen Menschen.

In der Region Venetien startete Anfang der Woche der Probelauf mit
den Do-It-Yourself-Tests. Die Test-Tüten enthalten ein Stäbchen, das
in die Nase gesteckt wird, und ein Kontroll-Röhrchen für die Probe.
Regionalpräsident Luca Zaia hatte die Funktionsweise in einen Video
vorgeführt.

Die Region will zunächst rund 5000 der Antigen-Test-Kits ausgeben.
Die Studie soll einen Monat laufen. Parallel werden in dieser Phase
an denselben Menschen klassische Abstriche vorgenommen, die im Labor
untersucht werden. Im Anschluss soll der Eigentest dem nationalen
Gesundheitsinstitut ISS zur Zulassung vorgelegt werden. Das Produkt
könnte dann für wenige Euro etwa in Apotheken verkauft werden.