AfD nach Störungen im Bundestag in Aktueller Stunde unter Druck

Die Wogen der Empörung über das Bedrängen von Abgeordneten durch
Besucher im Bundestag schlagen auch zwei Tage später noch hoch. Aus
der AfD kommt zwar eine Entschuldigung für das Verhalten der Gäste.
Doch das halten die anderen Parteien für ein durchsichtiges Manöver.

Berlin (dpa) - Nach der Belästigung von Politikern im Bundestag durch
Besucher haben sich die anderen Fraktionen geschlossen gegen die AfD
gestellt. In einer Aktuellen Stunde brandmarkten Union, SPD, FDP,
Grüne und Linke die Rechtspopulisten als «Demokratiefeinde». Drei
Abgeordnete der AfD hatten die Störer am Mittwoch in den Bundestag
eingeladen. Fraktionschef Alexander Gauland nannte das Verhalten der
Besucher zwar «unzivilisiert» und entschuldigte sich dafür. Dies
werteten die anderen Fraktionen in der hitzigen Debatte aber als pure
«Heuchelei».

«Was wir am Mittwoch erleben mussten, ist nicht weniger als ein
Angriff auf das freie Mandat und ein Angriff auf die parlamentarische
Demokratie. Und da hört der Spaß nun wirklich auf», sagte der Erste
Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael
Grosse-Brömer. Die Vorfälle seien nicht plötzlich passiert, sondern
«der Tiefpunkt einer dauerhaften Strategie der AfD».

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco
Buschmann, warf der AfD vor, sie habe «ein Klima der Bedrohung» in
den Bundestag tragen wollen. «Sie wollen die Institutionen in den
Schmutz ziehen, weil Sie sie hassen. Aber seien Sie sich eines
sicher: Unsere Demokratie ist stärker als Ihr Hass.»

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Gauland sagte, das Verhalten der Gäste
sei «unzivilisiert» gewesen und gehöre sich nicht. «Dafür
entschuldige ich mich als Fraktionsvorsitzender.» Gauland räumte ein:
«Hier ist etwas aus dem Ruder gelaufen.» Die Besucher hätten
allerdings die Sicherheitskontrollen durchlaufen. «Wir konnten nicht
damit rechnen, dass so etwas passiert.» Zuvor hatte die AfD-Fraktion
entschieden, dass sich die Abgeordneten Petr Bystron und Udo
Hemmelgarn schriftlich bei Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble
(CDU) entschuldigen sollen.

Dieser hatte zuvor deutlich gemacht, dass den Beteiligten juristische
Konsequenzen drohen können. Er habe die Verwaltung gebeten, «alle
rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, gegen die Täter und diejenigen
vorzugehen, die ihnen Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages
verschafft haben», heißt es in einem Schreiben Schäubles an alle
Abgeordneten vom Donnerstagabend.

Am Rande der Debatte über den Infektionsschutz in der Corona-Pandemie
waren am Mittwoch auf den Fluren der Bundestagsgebäude Abgeordnete
von mehreren Besuchern bedrängt, belästigt, gefilmt und beleidigt
worden. Dies passierte unter anderem Wirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU) und dem FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Besucher
drangen auch in Abgeordnetenbüros ein.

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta
Haßelmann wertete die Entschuldigung Gaulands als Teil der üblichen
AfD-Strategie. «Unaufrichtiges und geheucheltes Bedauern hier, denn
man merkt, es wird brenzlig.» Und gleichzeitig hole sich die AfD bei
ihrer Anhängerschaft den Applaus für ihr Handeln ein. «Das ist die
Strategie - und die müssen wir entlarven.»

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) sagte, die AfD gebe sich
neuerdings als Bürgerrechts- und Freiheitspartei aus. Das sei «purer
Etikettenschwindel», betonte sie. «Die AfD schützt nicht das
Grundgesetz, im Gegenteil: Die demokratische Gesellschaft muss unser
Land vor der AfD schützen, begonnen bei Artikel 1 des Grundgesetzes.»

Für die SPD erinnerte die Abgeordnete Susann Rüthrich an Gaulands
Satz «Wir werden sie jagen», den er am Abend der Bundestagswahl 2017
an die Adresse der neuen Bundesregierung gesagt hatte. «Damit waren
wir alle gemeint, frei gewählte Abgeordnete und unsere
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.»