G20-Gipfel: Gemeinsame Strategie im Kampf gegen Virus gefordert

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie kommt die G20-Gruppe der großen
Industrieländer zusammen. Können sie Unterstützung in der Krise
bieten? Wird es eine gerechte Verteilung von Impfstoffen geben?

Berlin (dpa) - Vor dem G20-Gipfel am Wochenende haben
Entwicklungsorganisation die großen Industrienationen aufgerufen,
endlich eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie
zu entwickeln. Die reichen Länder müssten für eine gerechte
Verteilung von bezahlbaren Impfstoffen an alle Menschen in der Welt
sorgen, forderten die Hilfsorganisationen One und Oxfam am Freitag.
Kanzlerin Angela Merkel sei besonders gefordert, «alles in die
Waagschale zu werfen», sagte One-Direktor Stephan Exo-Kreischer.

Da über 200 Millionen Menschen durch die Corona-Krise zusätzlich in
extreme Armut abzurutschen drohten, müssten die G20-Staaten auch
gegen die verschärfte Armuts- und Ungleichheitskrise vorgehen, sagte
Tobias Hauschild von Oxfam der Deutschen Presse-Agentur. «Bislang
kommt die G20 ihrer Führungsrolle nicht nach.» Es sei ein umfassender
Schuldenerlass für arme Länder und eine gerechte Verteilung künftiger

Impfstoffe auch in Ländern des Südens notwendig.

Die Finanzminister der G20-Gruppe kommen an diesem Freitag in einer
Videokonferenz zusammen, um über Schuldenerleichterungen zu sprechen
und den zweitägigen Gipfel vorzubereiten. Das erste Treffen der
G20-Staats- und Regierungschefs seit Ausbruch der Pandemie beginnt am
Samstag unter dem Vorsitz von Saudi-Arabien - allerdings auch nur als
virtuelle Begegnung. Sie repräsentieren mehr als 85 Prozent der
globalen Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Die Entwicklungsorganisationen forderten außer größeren
Schuldenerleichterungen als bisher für arme Länder geplant auch eine
Finanzierung der Impfstoff-Initiative Covax. Bis Ende 2021 werden
dafür elf Milliarden US-Dollar benötigt. Das Vorhaben bündelt die
internationalen Bemühungen zur Forschung, Entwicklung und Verteilung
eines Impfstoffes, um allen Ländern einen fairen und gerechten Zugang
zu ermöglichen.

«Wir können uns keine nationalen Alleingänge leisten», sagte
Exo-Kreischer. «Corona besiegen wir entweder gemeinsam oder gar
nicht. Es muss allen Länder klar werden, dass sie nicht gegeneinander
antreten, sondern gegen das Virus.» Auch Oxfam-Sprecher Hauschild
sagte: «Hohe Preise und geistige Eigentumsrechte dürfen den Zugang
zum Impfstoff und zu Medikamenten nicht versperren.» Die G20 müssten
sich für patentfreie Impfstoffe und Medikamente stark machen und
einen Zeitplan für deren Verteilung weltweit entwerfen.

An der Covax-Initiative (Covid-19 Vaccines Global Access) beteiligen
sich schon 150 Länder, darunter auch China - aber nicht die USA.
Federführend sind die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie die
Impfstoff-Allianzen Gavi (Global Alliance for Vaccines and
Immunizations) und Cepi (Coalition for Epidemic Preparedness
Innovations).

Da immer mehr Länder in Armut abrutschten, forderte Oxfam auch mehr
Unterstützung für die soziale Sicherung durch die reichen Staaten.
«Im Angesicht der Corona-Krise ist es fatal, dass mehr als vier
Milliarden Menschen überhaupt keine soziale Absicherung haben», sagte
Hauschild. Die G20 müssten nun möglichst schnell mindestens 24
Milliarden US-Dollar jährlich in soziale Sicherungsmaßnahmen in
Ländern mit niedrigen Einkommen investieren und sich für die
Schaffung eines Globalen Fonds für Soziale Sicherung einsetzen.

Zur G20 gehören neben der EU als Staaten Argentinien, Australien,
Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien,
Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien,
Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA.