Müller hält Tierversuche in der Forschung weiter für nötig

In Berlin warnen Wissenschaftler davor, Forschungsvorhaben im Streit
um Tierversuche zu blockieren. Nun bezieht der Regierungschef dazu
Stellung.

Berlin (dpa/bb) - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller
(SPD) hat sich für einen sensiblen Umgang mit Tierversuchen in der
Forschung ausgesprochen. Gleichzeitig machte er am Donnerstag im
Abgeordnetenhaus deutlich, dass ein gänzlicher Verzicht auf solche
Experimente aus seiner Sicht momentan noch nicht möglich sei.

«Es ist richtig, dass wir sehr, sehr sensibel umgehen mit dem ganzen
Bereich der Tierversuche», sagte Müller, der auch
Wissenschaftssenator ist. Es gebe hervorragende Ansätze für
Alternativen zu Tierversuchen. Bei anderen Projekten werde die
Belastung für die Tier verringert, und es würden inzwischen deutlich
weniger Tiere eingesetzt als früher.

Aber: «So gut diese Ansätze sind, wir können noch nicht in allen
Bereichen komplett auf Tierversuche verzichten», so Müller. «Das ist

bedauerlich, aber es ist leider so.»

Daher wolle der Senat die geplante neue Expertenkommission, die vor
dem Einsatz von Tierversuchen gehört werden muss und die Projekte
bewerten soll, «gut organisieren». Ziel sei einerseits, dem Tierwohl
gerecht zu werden, und andererseits, Spitzenforschung in Berlin
weiter zu ermöglichen. «Wir werden sehr schnell da auch ein
vernünftiges Ergebnis haben», zeigte sich Müller überzeugt.

Zuletzt hatte es Kritik aus dem Forschungsbereich an Justiz- und
Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne) gegeben, weil die
Tierschutzkommission seit Anfang September wegen der Frage der
Neubesetzung mit mehr Tierschützern nicht tage. Dadurch bestehe die
Gefahr, dass sich Forschungsvorhaben verzögerten. Behrendt hatte den
Vorwurf der Blockade zurückgewiesen und angekündigt, dass kommende
Woche gleich zwei neubesetzte Kommissionen ihre Arbeit aufnehmen.

Müller unterstrich, Spitzenforschung sei äußerst wichtig für Berlin
.
Unternehmen träfen Investitionsentscheidungen, die mit Arbeitsplätzen
verbunden seien, weil sie hier eine Schnittstelle zur Wissenschaft
und Forschung vorfänden. «Und das dürfen wir nicht riskieren, dass es

da zu einem Abbruch kommt.»

Zudem würden gerade in der aktuellen Phase der Bekämpfung der
Corona-Pandemie wissenschaftliche Erkenntnisse gebraucht. Müller
erinnerte an die vergleichsweise schnelle Entwicklung von
Impfstoffen. «Und das ist eben leider im Moment nur möglich durch den
Einsatz von Tierversuchen, die in diesen Bereichen unabdingbar sind.»