BGH-Urteil: Tagegeld-Anspruch endet nicht mit letztem Arzt-Besuch

Karlsruhe/Nürnberg (dpa) - Menschen mit einer Unfallversicherung
steht Tagegeld bis zum Abschluss ihrer Behandlung und nicht nur bis
zum letzten Arztbesuch zu. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in
einem Fall aus Bayern entschieden. Der Kläger hatte bei seinem
letzten Arztbesuch noch «10 x Krankengymnastik» verordnet bekommen.
Seine Versicherung weigerte sich, für diese Zeit weiter Tagegeld zu
zahlen - zu Unrecht, wie aus dem am Donnerstag in Karlsruhe
veröffentlichen Urteil von Anfang November hervorgeht. (Az. IV ZR
19/19)

Der Mann hatte sich im April 2016 bei einem Unfall einen Finger
verletzt. Am 16. Juni war er das letzte Mal beim Facharzt. Weil er
immer noch Probleme hatte, verschrieb dieser ihm Krankengymnastik.

In den maßgeblichen Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen
stehen zwei Voraussetzungen für die Zahlung von Tagegeld: Der Patient
muss «in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt und in ärztlicher
Behandlung» sein. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg meinte, dass
die Krankengymnastik dazu nicht mehr gehört. Der Mann sei am 16. Juni
2016 aus der ärztlichen Verantwortung entlassen worden.

Das widerspricht laut BGH aber dem Verständnis eines
durchschnittlichen Versicherten. Dieser werde weitere
Therapie-Termine wie hier die Krankengymnastik «regelmäßig als Teil
der ärztlichen Behandlung ansehen». Ob mit dem Arzt danach noch
einmal ein Kontrolltermin vereinbart sei, dürfte für ihn hingegen
keine Rolle spielen. Die obersten Zivilrichter kommen deshalb zu dem
Schluss, dass eine ärztliche Behandlung «regelmäßig die Dauer der v
on
dem Arzt angeordneten Behandlungsmaßnahmen» umfasst.

Der Kläger dürfte also noch Geld von seiner Versicherung bekommen.
Das OLG Nürnberg muss jetzt nur noch klären, ob der Mann die
verschriebene Krankengymnastik auch wirklich wahrgenommen hat.