AfD-Abgeordnete in der Kritik wegen dreister Besucher im Bundestag

Besucher, die filmend in Abgeordneten-Büros eindringen oder Minister
anfeinden. Die Störungen durch Besucher könnten für einige
AfD-Abgeordnete unangenehme Folgen haben. Auch in ihrer eigenen
Fraktion sind die Aktionen der Gäste nicht unumstritten.

Berlin (dpa) - Das aufsehenerregende Verhalten von Besuchern im
Bundestag dürfte für einige Abgeordnete der AfD ein Nachspiel haben.
Der AfD-Abgeordnete Udo Hemmelgarn habe bestätigt, dass einer der
Gäste, über dessen Verhalten es Beschwerden gab, am Mittwoch über ihn

angemeldet worden sei, bestätigte Fraktionssprecher Marcus Schmidt am
Donnerstag auf Anfrage. Die Fraktion wolle jetzt klären, wer sich
möglicherweise schlecht benommen habe und welche Gäste von den
einzelnen Abgeordneten eingeladen worden seien.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki betrachtet das Bedrängen von
Abgeordneten durch Besucher am Rande der Debatte über das
Infektionsschutzgesetz als Nötigung. Er fordert Konsequenzen für die
daran beteiligten Abgeordneten. «Ich gehe davon aus, dass dieser Fall
nicht nur im Ältestenrat behandelt wird», sagte der FDP-Politiker der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Es müssen auch empfindliche
Sanktionen für die beteiligten Abgeordneten erwogen werden.»

Während der Bundestagsdebatte waren am Mittwoch auf den Fluren des
Reichstagsgebäudes Abgeordnete von Besuchern bedrängt, gefilmt und
beleidigt worden. Dies passierte unter anderem Wirtschaftsminister
Peter Altmaier (CDU) und dem FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Im
Fall von Altmaier filmten die Störer die Aktion und stellten das
Video ins Internet. Die Vorfälle sollten am Donnerstag im Ältestenrat
des Bundestags besprochen werden. Altmaier will nach
dpa-Informationen keine Strafanzeige stellen.

Auch Abgeordnete der AfD waren von den Besuchern heimgesucht worden.
In das Büro von Fraktionschefin Alice Weidel drangen nach Angaben
ihres Sprechers Daniel Tapp mehrere Personen ein, die sich nicht
vorgestellt hätten. Die ungebetenen Gäste hätten aus dem Fenster
filmen wollen, er habe sie dann herausgebeten, sagte Tapp. Auf einem
Video ist zu sehen, wie andere Besucher ohne Anmeldung in das Büro
des parlamentarischen Geschäftsführers Bernd Baumann stürmen, wo sie

ein Mitarbeiter mit dem Satz «Habt Ihr 'ne Meise?» empfängt.

«Abgeordnete dürfen nicht in ihrer Entscheidung bedrängt werden»,
sagte die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) am Donnerstag
im Deutschlandfunk. Das sei mindestens eine Ordnungswidrigkeit, wenn
nicht sogar eine Straftat.

Kubicki sagte der dpa, es sei zum wiederholten Mal passiert, dass
Abgeordnete die «Türöffner für politische Agitatoren» geworden se
ien.
«In diesem Falle ist die Beeinträchtigung des Parlamentsbetriebes
jedoch besonders gefährlich. Denn durch die direkte Ansprache der
Abgeordneten im Zusammenhang mit der Abstimmung über das
Infektionsschutzgesetz kann man von einer Nötigung ausgehen.» Es
komme eine Straftat nach Paragraf 106 Strafgesetzbuch in Betracht, zu
der Abgeordnete auch Anstiftung oder Beihilfe leisten können. «Dies
wird ernsthaft zu prüfen sein», sagte Kubicki.

Paragraf 106 behandelt die Nötigung des Bundespräsidenten und von
Mitgliedern eines Verfassungsorgans. Er sieht als Sanktion
Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren und in besonders
schweren Fällen von bis zu zehn Jahren vor.