Reisewarnungen für Regionen in 15 EU-Ländern in Kraft

In Paris kommt die Ausgangssperre, in Warschau werden Hochzeitsfeiern
verboten, in Prag baut die Armee ein Lazarett. Am Samstag treten in
vielen Ländern neue Corona-Maßnahmen in Kraft. Und für deutsche
Touristen schrumpft die Zahl möglicher Auslandsziele deutlich.

Berlin/Paris/London/Warschau (dpa) - Wegen der sprunghaft steigenden
Corona-Infektionszahlen in Europa gelten seit Samstag um Mitternacht
Reisewarnungen für weitere Regionen in 15 EU-Ländern. Die
Niederlande, das französische Festland, Malta und die Slowakei sind
nun ganz Corona-Risikogebiete, für die das Auswärtige Amt vor
touristischen Reisen warnt. Erstmals stehen mit Kampanien und
Ligurien beliebte Touristenregionen in Italien sowie fünf Gebiete in
Polen einschließlich der Metropolen Danzig und Krakau auf der
Risikoliste. Hinzu kommen acht Kantone der Schweiz, darunter der an
Deutschland grenzende Kanton Zürich, erstmals Gebiete in Schweden und
Finnland sowie weitere Regionen in Großbritannien, Irland, Kroatien,
Portugal, Slowenien und Ungarn.

Die Bundesregierung hatte die Erweiterung der Risikoliste bereits am
Donnerstag mit Wirkung ab Samstag beschlossen. Die Einstufung als
Risikogebiet erfolgt, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert
von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben
Tagen überschreiten. Die damit automatisch verbundenen Reisewarnungen
bedeuten zwar kein Reiseverbot, sollen aber eine möglichst große
abschreckende Wirkung auf Touristen haben. Das Gute für den Urlauber:
Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum
Risikogebiet erklärt wird. Das Schlechte: Rückkehrer aus
Risikogebieten müssen derzeit noch für 14 Tage in Quarantäne, könne
n
sich aber durch einen negativen Corona-Test davon vorzeitig befreien
lassen.

Viele Länder in Europa führen an diesem Samstag auch erneut strengere
Beschränkungen des öffentlichen Lebens ein. Ein Überblick:

FRANKREICH:

Am Samstag trat in Frankreich erneut der Gesundheitsnotstand in
Kraft. In mehreren französischen Städten, darunter in Paris, gelten
ab Samstag zudem von 21.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens
Ausgangssperren. Ausnahmen gelten für Menschen, die zur Arbeit gehen
oder von der Arbeit kommen. Wegen medizinischer Notfälle, der Pflege
von Angehörigen oder um den Hund auszuführen, dürfen die Menschen in

der Sperrstunde ebenfalls vor die Tür. Sie müssen dann ein
entsprechendes Formular bei sich tragen. Wer zum Bahnhof oder
Flughafen will, muss das entsprechende Ticket vorzeigen.

Außerdem sind private Feiern wie etwa Hochzeiten in Festsälen oder
anderen öffentlichen Orten landesweit nicht mehr erlaubt. Zur
Überwachung der Ausgangssperren in den Metropolen sollen rund 12 000
Polizisten eingesetzt werden. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss
135 Euro Strafe zahlen. Für Wiederholungstäter können mehrere Tausend

Euro fällig werden. In zahlreichen Städten, darunter auch Paris, sind
Bars bereits komplett geschlossen.

In Frankreich meldete die Gesundheitsbehörde am Donnerstagabend
30 621 neu erfasste Infektionen. Damit gab es einen neuen Spitzenwert
innerhalb eines Tages seit Beginn der großflächigen Corona-Testung in
Frankreich. Die Zahl der Todesfälle stieg auf 33 125. In Frankreich
leben rund 67 Millionen Menschen.

GROSSBRITANNIEN:

In der britischen Hauptstadt London gelten ab Samstag schärfere
Corona-Regeln. Angesichts rapide steigender Infektionszahlen dürfen
sich Angehörige verschiedener Haushalte in Innenräumen nicht mehr
treffen. Auch Zusammenkünfte in Pubs oder Restaurants sind verboten.
Im Freien sind weiterhin Treffen mit bis zu sechs Personen erlaubt.

Mit den neuen Maßnahmen rutscht die Hauptstadt in dem dreistufigen
Warnstufensystem Englands in die zweithöchste Stufe. Etliche Londoner
Bezirke hatten in den vergangenen Tagen die Schwelle von 100
Corona-Fällen pro 100 000 Einwohnern überschritten. In Schottland,
Nordirland und im Norden Englands sind die Zahlen jedoch noch
deutlich höher und es gelten bereits noch schärfere Maßnahmen.

POLEN

Ab Samstag werden mehr als 150 Regionen im ganzen Land, darunter die
Hauptstadt Warschau und mehrere andere Großstädte, zu sogenannten
roten Zonen deklariert, in denen schärfere Auflagen gelten. Dort sind
Hochzeitsfeiern künftig verboten, Schwimmbäder und Fitnessclubs
werden geschlossen. Restaurants dürfen für Gäste nur von 6.00 bis
21.00 Uhr geöffnet haben, nach dieser Zeit können sie ihre Speisen
nur zum Mitnehmen anbieten. Die Schulen gehen wieder zu
Fernunterricht über.

Am Donnerstag hatte das Gesundheitsministerium bekannt gegeben, dass
die Zahl der täglich registrierten Neuinfektionen erstmals die Marke
von 8000 überschritten habe. Innerhalb von 24 Stunden kamen 8099 neue
Fälle hinzu, die meisten davon in der Region um die Hauptstadt
Warschau (1306). Im gleichen Zeitraum starben 91 Menschen in
Zusammenhang mit dem Virus. Seit Beginn der Pandemie gab es in Polen
3308 Todesfälle in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung. Polen
hat rund 38 Millionen Einwohner, etwa halb so viele wie Deutschland.

TSCHECHIEN:

In den Prager Messehallen beginnt die Armee am Samstag mit dem Aufbau
eines Feldkrankenhauses. Es soll als Reserve mit einer Kapazität von
bis zu 500 Betten gehalten werden, falls es zu einer Überlastung der
Krankenhäuser kommt. Der Vorteil im nahenden Winter ist, dass die
Messehallen beheizt werden können. Kritiker aus Ärztekreisen merkten
an, das Problem sei nicht die verfügbare Bettenzahl, sondern der
Mangel an Pflegepersonal. In Tschechien waren bereits am Mittwoch
weitreichende Restriktionen in Kraft getreten. So wurden unter
anderem Schulen und Gastronomie geschlossen. Es dürfen sich sowohl
drinnen als auch draußen maximal sechs Menschen treffen. In der
Öffentlichkeit gilt ein striktes Alkoholverbot.

ÖSTERREICH:

In Österreich wird der Ort Kuchl im Salzburger Land wegen der
Corona-Neuinfektionen ab Samstag unter Quarantäne gestellt. Die Ein-
und Ausreise aus der Gemeinde mit rund 7000 Einwohnern sei bis auf
einige Ausnahmen bis zum 1. November nicht mehr erlaubt, sagte
Salzburgs Landeschef Wilfried Haslauer am Donnerstag.