Steigende Infektionszahlen - verschärfte Corona-Maßnahmen geplant

Einen zweiten Lockdown soll es nicht geben, doch die Maßnahmen zur
Eindämmung der Corona-Pandemie werden verschärft. Ob Sperrstunde,
Besucherbegrenzung im Krankenhaus oder neue Geisterspiele - die
steigenden Infektionszahlen verändern den Alltag.

Frankfurt/Main/Wiesbaden/ (dpa/lhe) - Der Alltag der Menschen in
Hessen wird wieder stärker von den Maßnahmen zur Eindämmung der
Corona-Pandemie beherrscht. Es gibt neue Verschärfungen, während die
Infektionszahlen vor allem in den Großstädten steigen. Auch zu den
wirtschaftlichen Folgen der vergangenen Monate gibt es neue Zahlen.

FALLZAHLEN - Die Zahl der neuen Corona-Infektionen steigt in Hessen
weiter deutlich an. Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts in Berlin
vom Donnerstag wurden innerhalb eines Tages weitere 662 Fälle
bestätigt. Zwei Menschen starben demnach an den Folgen einer
Infektion, insgesamt gibt es damit bisher 569 Todesfälle. Seit Beginn
der Pandemie wurden 23 481 Infektionen gemeldet.

Zu den Corona-Hotspots in Hessen gehören weiterhin mehrere Städte und
Kreise: Kassel hat eine Sieben-Tage-Inzidenz von 97,5 - das ist die
Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb sieben Tagen.
Als kritische Schwelle gilt der Wert 50. In der Stadt Offenbach liegt
die Inzidenz bei 89,8, im Kreis Groß-Gerau bei 71,4. Frankfurt weist
einen Wert von 69,2 auf, der Main-Taunus-Kreis einen von 54,9 auf.

HESSEN UND DIE VERSCHÄRFUNG DER CORONA-REGELN - Hessens
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat die von Bund und Ländern
beschlossene Verschärfung der Corona-Regeln begrüßt. «Über die
konkrete Umsetzung der Beschlüsse in Hessen wird zeitnah das
hessische Corona-Kabinett beraten», teilte er am Donnerstag in
Wiesbaden mit. «Wir müssen jetzt gemeinsam die richtigen Maßnahmen
treffen, damit wir unsere Schulen und Kitas offen und unsere
Wirtschaft am Laufen halten können.»

Am Mittwoch hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, die Schwelle
für strengere Maßnahmen in deutschen Corona-Hochburgen zu senken.
Diese sollen bereits ab 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner
binnen sieben Tagen greifen statt bisher bei 50.

SPERRSTUNDE IN FRANKFURT - Angesichts der anhaltend hohen
Corona-Infektionszahlen in Frankfurt wird die seit der vergangenen
Woche geltende Sperrstunde um 23.00 Uhr bis Ende Oktober verlängert.
Das hat der Verwaltungsstab der Stadt am Donnerstag beschlossen.
Parallel zur Sperrstunde in Bars, Kneipen und Restaurants werde ein
generelles Alkoholverkaufsverbot in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und
6.00 Uhr morgens eingeführt, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann
(SPD) nach der Sitzung des Krisenstabs. Zudem gilt von Montag an im
gesamten Innenstadtbereich eine Maskenpflicht.

Am Mittwoch noch hatte die Zahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner
an sieben aufeinanderfolgenden Tagen 70,9 betragen und war damit
nicht mehr weit entfernt von der höchsten Warnstufe des Landes
Hessen.

INTENSIVBETTEN - Nach den jüngsten Zahlen des Sozialministeriums
(Stichtag 13. Oktober, 11.00 Uhr) liegen 399 Covid-19 Patientinnen
und -Patienten in hessischen Krankenhäusern. Davon sind 67 Personen
beatmungs- und intensivüberwachungspflichtig. Am Stichtag seien 6188
stationäre Betten inklusive der Beatmungs- und
Intensiv-Überwachungsbetten frei gewesen. Das seien 23 Betten mehr
als noch eine Woche zuvor.

Das Ministerium habe diese Daten in der Corona-Pandemie erstmals am
26. März zusammengestellt. Demnach befanden sich zu dem Zeitpunkt 527
Covid-19-Patientinnen und -Patienten in stationärer Behandlung, davon
88 in Intensivbetten und beatmet.

BESUCHSREGELN IN HANAUER KLINIKEN - Aus Sorge um die Sicherheit ihrer

Patienten haben die Hanauer Kliniken verschärfte Besuchsregeln
beschlossen, die von Montag (19. Oktober) an gelten. In den ersten
sechs Tagen ihres Klinikaufenthalts können Patienten weiterhin
maximal zwei Mal Besuch empfangen, allerdings werden die
Besuchsmöglichkeiten auf jeweils eine feste Bezugsperson pro Patient
beschränkt. «Wir wissen, dass dieser Schritt für unsere Patienten und

deren Angehörige nicht einfach ist, uns ist aber wichtig, dass wir
ihnen den bestmöglichen Schutz bieten können, und das bedingt aktuell
leider eine Einschränkung des Personenverkehrs», sagte Volkmar Bölke,

Geschäftsführer des Klinikum Hanau.

LOCKDOWN UND SELBSTÄNDIGKEIT - Während des Corona-Shutdowns im
Frühjahr haben sich in Hessen deutlich weniger Menschen getraut, ein
Gewerbe anzumelden. Im zweiten Quartal des Jahres lag die Zahl der
Anmeldungen mit knapp 12 000 um 15 Prozent unter dem Vorjahresniveau,
wie das Statistische Landesamt am Donnerstag in Wiesbaden berichtete.
Besonders deutlich waren die Einbrüche zwischen April und Juni in den
Bereichen «Kunst, Unterhaltung und Erholung» (-46,4 Prozent) sowie im
Gastgewerbe (-35,1 Prozent). Diese Branchen waren von der
Corona-Krise besonders betroffen. Weitgehend stabil blieben hingegen
die Anmeldungen im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Energie- und
Wasserversorgung sowie bei Verkehr und Lagerei.

TOURISTENZAHLEN - Die Corona-Pandemie hat weiter erhebliche
Auswirkungen auf den hessischen Tourismus. Die Beherbergungsbetriebe
zählten im August 45 Prozent weniger Gäste und 37 Prozent weniger
Übernachtungen als noch im gleichen Monat 2019, wie das Statistische
Landesamt in Wiesbaden mitteilte. 36 Prozent weniger Inlandsgäste
blieben über Nacht, aus dem Ausland reisten sogar 71 Prozent weniger
Gäste an.

WEIHNACHTSMÄRKTE TROTZ CORONA - Trotz der Corona-Pandemie kann es in
Hessen Weihnachtsmärkte geben - aber mit Auflagen. Die Veranstalter
wollen unter anderem die Fläche der Weihnachtsmärkte ausdehnen und
sie dadurch entzerren, wie eine stichprobenartige Umfrage der
Deutschen Presse-Agentur ergab. Auch sollen Stände für Speisen und
Getränke einen Verzehrbereich einrichten, in dem die gleichen
Hygiene- und Abstandsregeln gelten wie in Restaurants.

MASSENINFEKTION IN KASSEL - Nach einem Corona-Ausbruch mit 112 Fällen
in einer Kasseler Flüchtlingseinrichtung kritisieren dort eingesetzte
Ärzte das Krisenmanagement des Regierungspräsidiums Gießen. «Weil z
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viele Menschen auf zu kleinem Raum zu eng zusammen sind, ist es zu
dieser Häufung gekommen», sagte der Allgemeinmediziner Helmuth
Greger, Organisator des Ärzteteams der Erstaufnahme am Donnerstag.
Eine Isolation Kranker sei dort sehr problematisch. Das
Regierungspräsidium erwiderte, eine Verlegung komme aus fachlichen
Gründen nicht in Betracht. Dadurch könnten neue Infektionsketten
ausgelöst werden. Kassel hatte wegen des Ausbruchs unter anderem eine
Waffenbörse verbieten wollen, das wurde jedoch vom Verwaltungsgericht
gekippt. Die Stadt kündigte Beschwerde gegen die Entscheidung an.

KREIS BERGSTRAßE: Wegen der gestiegenen Infektionszahlen tritt von
Samstag an eine Allgemeinverfügung bis mindestens Ende Oktober in
Kraft. Danach gilt in der Gastronomie, in Übernachtungsbetrieben
sowie in Mensen, Kantinen und Cafés eine Maskenpflicht; ebenso in
Gängen von Gemeinschaftseinrichtungen. In Krankenhäusern sowie
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sollen die Besuche stärker
gesteuert werden. Veranstaltungen mit mehr als 250 Menschen werden
nicht mehr genehmigt. Bereits erteilte Genehmigungen erlöschen.
Einschränkungen gibt es auch in den Schulen - bis Mitte November: An
den Grundschulen soll nur im Klassenverband unterrichtet werden. Ab
der Sekundarstufe II, auch in den Berufsschulen, sollen die Schüler
auch im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen.