Frankreichs Gastwirte reagieren wütend auf Macrons Ausgangssperren

Frankreichs Staatschef Macron greift im Kampf gegen steigende
Corona-Zahlen durch. Doch neue Beschränkungen in Großstädten sorgen
für Enttäuschung. Ex-Premier Philippe bekommt wegen Corona-Vorwürfen

Besuch von Ermittlern.

Paris (dpa) - Bei Frankreichs Gastwirten herrscht große Wut über die
von Präsident Emmanuel Macron angekündigten nächtlichen
Ausgangssperren. «Wir sind am Ende unserer Kräfte, wir können das
nicht mehr», sagte der Präsident des Hotel- und Gastroverbandes GNI,
Didier Chenet, am Donnerstag im Sender Franceinfo. «Wie gehen wir mit
unseren Mitarbeitern um, die um 21.00 Uhr zu Hause sein müssen? Wie
gehen wir mit unseren Kunden um? Wann schmeißen wir sie raus?»,
fragte Chenet.

Macron hatte am Mittwochabend wegen stark steigender Corona-Zahlen
nächtliche Ausgangssperren angekündigt. Sie gelten ab Samstag von
21.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens im Großraum Paris und acht
weiteren großen Städten wie etwa Lyon oder Lille. Macron versprach,
die darunter leidenden Branchen finanziell weiter zu unterstützen.
Frankreich ist hart von der Corona-Pandemie getroffen - rund 33 000
Menschen sind bisher gestorben. Das Land mit rund 67 Millionen
Menschen verzeichnete am vergangenen Wochenende einen Spitzenwert von
rund 27 000 Neuinfektionen an einem Tag.

Regierungschef Jean Castex rechtfertigte das Durchgreifen. «Die
zweite Welle der Pandemie ist da», sagte er. Seit zehn Tagen gebe es
eine «plötzliche und spektakuläre Beschleunigung». Der
Mitte-Rechtspolitiker machte deutlich, dass einige neue
Beschränkungen für das ganze Land gelten. So sind private Feiern wie
beispielsweise Hochzeiten in Festsälen oder anderen öffentlichen
Orten nicht mehr erlaubt. Zur Überwachung der Ausgangssperren in den
Metropolen sollen rund 12 000 Polizisten eingesetzt werden.

Die französische Gastronomie sieht sich besonders von den
Einschränkungen getroffen. Bereits im Frühjahr mussten Restaurants
wegen der strengen Ausgangssperren wochenlang schließen - derzeit
sind in vielen Regionen mit hohen Corona-Zahlen die Bars geschlossen.
In Restaurants gelten strengere Hygienemaßnahmen und Begrenzungen für
die Anzahl der Personen an einem Tisch.

Im Rahmen einer Justizuntersuchung zum Corona-Krisenmanagement wurden
das Büro und der Wohnsitz des französischen Ex-Premierministers
Édouard Philippe durchsucht, wie eine Sprecherin des Rathauses von Le
Havre der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Philippe ist seit seinem Ausscheiden aus der Mitte-Regierung im
Sommer Bürgermeister der nordfranzösischen Hafenstadt. «Édouard
Philippe hat immer gesagt, dass er sich der Justiz zur Verfügung
stellt», teilte die Sprecherin mit. Nach französischen
Medienberichten kamen Ermittler auch zu Gesundheitsminister Olivier
Véran oder dessen Amtsvorgängerin Agnès Buzyn. Regierungschef Castex

sagt bei einer Pressekonferenz, er bringe Véran «volles Vertrauen»
entgegen. Auf eine Frage zu den Durchsuchungen sagte der Premier, er
könne keine Entscheidungen der Justiz kommentieren.

Nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr hatten
Ärzteverbände, Infizierte oder andere Betroffene beim Gerichtshof der
Republik Anzeigen gegen die Regierung eingereicht. Die
Ärztevertretung C-19 warf Philippe und Buzyn vor, viel zu spät auf
die Pandemie reagiert zu haben. Der Gerichtshof der Republik ist als
einzige Institution in Frankreich berechtigt, Ministerinnen und
Minister für Handlungen zu verurteilen, die in Ausübung ihres Amtes
begangen wurden.