Kleinere Feiern, Sperrstunde: Vorgehen gegen Pandemie verschärft

Die Landesregierung reagiert mit neuen Beschränkungen auf die
Corona-Entwicklung. Die Zahl der Neuinfektionen liegt weiter deutlich
über 200. Die Hausärzte fordern Entlastung und haben einen Vorschlag.

Mainz (dpa/lrs) - «Mehr Maske, weniger Party»: Unter dieser von
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vorgegebenen Zielrichtung will
die Landesregierung die rasante Ausbreitung des Coronavirus in
Rheinland-Pfalz bremsen. Die am Donnerstag verkündeten neuen
Maßnahmen setzen vor allem bei privaten Feiern an, von denen nach
Einschätzung der Behörden in jüngster Zeit die meisten Neuinfektionen

mit dem Coronavirus ausgegangen sind. «Die Lage ist ernst», sagte
Dreyer. «Man muss sich klar machen, dass die nächsten Tage und Wochen
entscheidend sind für den Fortgang der Pandemie.»

Dreyer hatte zusammen mit den anderen Länderregierungschefs und
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin angesichts
steigender Infektionszahlen über weitere Maßnahmen beraten. Die von
der Ministerpräsidentin am Donnerstag verkündeten weiteren
Verschärfungen sehen vor, dass bei der Gefahrenstufe Orange (ab 35
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche) in dem
betreffenden Gebiet eine Maskenpflicht eingeführt wird, wo «Menschen
dichter und länger zusammenkommen».

Die Zahl der Teilnehmer bei Privatfeiern wird bei «Orange» auf 25
Personen im öffentlichen Raum begrenzt. Im privaten Bereich gibt es
«eine dringende Empfehlung», diese Zahl auf 15 Personen zu begrenzen.
Außerdem soll es eine vorgezogene Sperrstunde in der Gastronomie,
Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen sowie zusätzliche Auflagen
und Kontrollen geben.

Beim Erreichen der Alarmstufe Rot (mehr als 50 Neuinfektionen auf 100
000 Menschen in einer Woche) soll die Zahl der Teilnehmer bei
privaten Feiern im öffentlichen Raum auf zehn Menschen aus höchstens
zwei Hausständen begrenzt werden. Bei Feiern im privaten Bereich wird
ebenfalls die «dringende Empfehlung» ausgesprochen, die
Teilnehmerzahl auf höchstens zehn Personen zu begrenzen. Für
Gastronomie- und ähnliche Betriebe wird eine Sperrstunde um 23.00 Uhr
eingeführt, der Verkauf von Alkohol wird verboten. Die neuen Regeln
für Rheinland-Pfalz sind sofort gültig.

Die weitere Entwicklung im Überblick:

FALLZAHLEN - Die Zahl der neu gemeldeten Corona-Infektionen in
Rheinland-Pfalz stieg binnen 24 Stunden um 237. Insgesamt wurden
damit seit Beginn der Pandemie 12 874 bestätigte Fälle registriert,
wie das Gesundheitsministerium mitteilte (Stand 14.00 Uhr). 2280
Menschen im Land sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert. Als
genesen gelten 10 332 Menschen. Die Zahl der Todesfälle im
Zusammenhang mit dem Virus stieg um zwei auf 262.

Im Corona-Hotspot des Landes, dem Landkreis Biburg-Prüm, ging der
Wert der Corona-Infektionen - gemessen pro 100 000 Einwohner
innerhalb einer Woche - von 132 auf 113 zurück. In der
Landeshauptstadt Mainz liegt der Wert bei 66 nach 67 am Tag zuvor.
Wieder unterhalb der als kritisch angesehenen Schwelle von 50 liegen
die beiden Landkreise Vulkaneifel (48) und Neuwied (41). Die
landesweit niedrigsten Werte bei der sogenannten 7-Tages-Inzidenz
haben die Landkreise Kusel (6) und Südliche Weinstraße (9).

KRANKMELDUNG - Zur Entlastung der Arztpraxen angesichts immer weiter
steigender Corona-Zahlen fordert der rheinland-pfälzische
Hausärzteverband die Wiedereinführung der telefonischen Krankmeldung
für vergleichsweise banale Infekte wie Erkältungen. «Das war im
Frühjahr ein wichtiger und erfolgreicher Baustein in der
Pandemiebekämpfung», erklärte die Verbandsvorsitzende Dr. Barbara
Römer der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Darüber hinaus haben es

die Hausarztpraxen durch flächendeckende Corona-Ambulanzen und
Infektsprechstunden in Rheinland-Pfalz geschafft, Patientenströme gut
zu steuern. Mit beiden Maßnahmen wurde eine Durchmischung von Infekt-
und Nichtinfektpatienten bestmöglich vermieden.»

Die telefonische Krankschreibung war zu Beginn der Corona-Pandemie
deutschlandweit als Ausnahmeregelung zugelassen und mehrmals
verlängert worden, um Ansteckungsmöglichkeiten zu verringern und
Arztpraxen zu entlasten. Am 31. Mai lief sie jedoch aus.

ASYLBEWERBER - In der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in
Hermeskeil (Landkreis Trier-Saarburg) wurde nach Angaben der
Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) ein Bewohner positiv
auf das Coronavirus getestet und in Isolation geschickt. Sechs
Kontaktpersonen befänden sich auf Anweisung des Kreisgesundheitsamtes
ebenfalls in Isolation, hieß es weiter. Sie seien umgehend auf das
Virus getestet worden. Über Ergebnisse wurde zunächst nichts bekannt.