Corona-Rekord trotz verschärfter Regeln in Tschechien

Die Corona-Lage in Tschechien ist dramatisch. Wissenschaftler und der
Gesundheitsminister rufen die Menschen auf, zu Hause zu bleiben. Die
Armee soll in den Prager Messehallen ein Feldkrankenhaus errichten.

Prag (dpa) - Trotz verschärfter Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie
steigen die Corona-Zahlen in Tschechien weiter dramatisch an. Am
Mittwoch wurden 9544 neue Fälle verzeichnet, wie das
Gesundheitsministerium in Prag am Donnerstag bekanntgab. Das war der
höchste Wert an einem Tag seit Beginn der Pandemie. Die Gesamtzahl
der jemals Infizierten stieg damit auf knapp 140 000. Rund 2700
Menschen werden im Krankenhaus behandelt. Die Zahl der Todesfälle
seit Beginn der Pandemie in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung
stieg auf 1172.

Zum Vergleich: In Deutschland, das fast achtmal mehr Einwohner hat,
meldeten die Gesundheitsämter nach Angaben des Robert Koch-Instituts
vom Donnerstag 6638 Neuinfektionen innerhalb eines Tages. Nach
Angaben der EU-Behörde ECDC steckten sich in Tschechien binnen 14
Tagen im Schnitt 581,3 Menschen je 100 000 Einwohner an - EU-weit ist
das der höchste Wert (Deutschland: 54,6; Frankreich: 307,1).

Die Regierung in Prag kündigte an, rund 4000 Krankenhausbetten zu
kaufen, um Behelfseinrichtungen für einen möglichen Ansturm
einrichten zu können. Auf dem Prager Messegelände soll die Armee
bereits an diesem Wochenende mit dem Aufbau eines ersten
Feldkrankenhauses mit 500 Betten beginnen. Kritiker aus Ärztekreisen
merkten an, das Problem sei nicht die verfügbare Bettenzahl, sondern
der Mangel an Pflegepersonal.

«Die Zahlen sind katastrophal - es eilt wirklich sehr», sagte
Ministerpräsident Andrej Babis der Agentur CTK zufolge vor seinem
Abflug zum EU-Gipfel in Brüssel. Er habe über mögliche Hilfen auch
mit der bayerischen Seite gesprochen. Nach Medienberichten soll sich
Babis in Nachbarländern wie Deutschland und Polen über eine mögliche

Aufnahme von Intensivpatienten erkundigt haben, sollte das
Gesundheitssystem im Land zusammenbrechen.

Auch wenn es noch keine Ausgangsbeschränkungen gibt, forderte
Tschechiens Gesundheitsminister Roman Prymula die Menschen auf, sich
freiwillig einzuschränken. In einem kurzen Videoaufruf bei Twitter
sagte er: «Ich bitte euch alle: Bleibt zu Hause». Auch namhafte
Wissenschaftler veröffentlichten einen Aufruf, in dem sie den Bürgern
nahelegten, in einen «persönlichen Lockdown» zu gehen. Andernfalls
drohten «New Yorker oder italienische Verhältnisse».

Seit Mittwoch sind alle Restaurants, Kneipen und Bars geschlossen.
Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit ist verboten. Alle Schulen haben
Fernunterricht eingeführt. Es dürfen sich sowohl drinnen als auch
draußen nur noch maximal sechs Menschen treffen. Sport- und
Kulturveranstaltungen sind untersagt. Die Maskenpflicht wurde
ausgeweitet. Der EU-Mitgliedstaat hat knapp 10,7 Millionen Einwohner.