Hälfte der MV-Landkreise hält Hilfsfrist für Notrettung nicht ein
Wie geht es weiter mit dem Rettungsdienst in einem Bundesland mit
älter werdender Bevölkerung und langen Wegen? Die Luftrettung könnte
wichtiger werden, hieß es bei einer Expertenanhörung am Mittwoch im
Schweriner Landtag.
Schwerin (dpa/mv) - Drei der sechs Landkreise in
Mecklenburg-Vorpommern haben im vergangenen Jahr die gesetzliche
Hilfsfrist in medizinischen Notfällen nicht eingehalten. Das geht aus
Daten hervor, die das Schweriner Gesundheitsministerium am Mittwoch
anlässlich einer Anhörung der Enquetekommission «Zukunft der
medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern» zur Verfügung
gestellt hat. Thema war die Situation des Rettungsdienstes im
Nordosten.
In den Landkreisen Rostock, Ludwigslust-Parchim und Vorpommern-Rügen
brauchte der Notarzt im Durchschnitt aller Einsätze 2019 mehr als die
vorgeschriebenen zehn Minuten von der Alarmierung bis zum Erreichen
des Einsatzortes. Ludwigslust-Parchim lag dabei mit einem Wert von
10:36 Minuten an der Spitze. Im Jahr davor hatte der Landkreis die
Zehn-Minuten-Frist mit 9:55 Minuten noch knapp geschafft. In
Vorpommern-Rügen betrug der Wert zuletzt 10:14 Minuten (2018: 10:20
Minuten), im Landkreis Rostock 10:09 Minuten (2018: 10:06 Minuten).
Am schnellsten waren die Retter in der Landeshauptstadt Schwerin beim
Notfallpatienten (6:45 Minuten).
Aus Sicht von Timm Laslo, der im Landkreis Vorpommern-Greifswald für
den öffentlichen Rettungsdienst verantwortlich ist, dürfte die
Luftrettung künftig in Mecklenburg-Vorpommern wichtiger werden. So
könne ein Schlaganfallpatient aus Heringsdorf auf Usedom in 13
Minuten ins Universitätsklinikum Greifswald geflogen werden, sagte
er. «Mit dem Rettungswagen würde das mindestens eine Stunde dauern.»
Gut für die Region sei, dass seit Juli der Rettungshubschrauber auch
nachts fliege, sagte Laslo weiter. Ein Wunsch vor Ort sei, dass noch
eine Vereinbarung zur Luftrettung mit Polen geschlossen werde. Eine
Vereinbarung mit dem Nachbarland zur grenzüberschreitenden Rettung
soll nach Angaben der Heringsdorfer Bürgermeisterin Laura Isabelle
Marisken Anfang 2021 in Kraft treten. Leider sei die Luftrettung
nicht dabei, sagte sie. Marisken sprach sich generell für eine
grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung auf Usedom aus. So verfüge
das Krankenhaus im polnischen Swinemünde (Swinoujscie) über
hochmoderne Röntgentechnik, die es auf dem deutschen Teil der Insel
Usedom nicht gebe. Für viele sei der Weg zur Klinik in Swinemünde
kürzer als zu den nächstgelegenen deutschen Krankenhäusern in Wolgast
und Anklam.
Laslo berichtete von weiteren Initiativen im stark ländlich geprägten
Vorpommern, um die Rettung von Notfallpatienten zu verbessern. So
gebe es ein Projekt zur Schulung von Laien für die Reanimation, in
dem bereits 16 000 Menschen geschult worden seien. Außerdem gebe es
ausgebildete Ersthelfer, die per Smartphone-App alarmiert werden
könnten, wenn in ihrer Nähe ein Notfall passiere. Auch damit mache
man gute Erfahrungen. Laslo sprach sich für eine landesweite Nutzung
dieser Möglichkeit mit einer einheitlichen App aus.