Gerichtspräsident: Bundestag muss Basis für Corona-Regeln schaffen

Koblenz (dpa) - Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs
Rheinland-Pfalz, Lars Brocker, hat den Bundestag aufgefordert, die
Corona-Auflagen dringend auf solide gesetzliche Füße zu stellen.
«Seit Monaten formulieren Verwaltungsgerichte bundesweit in ihren
Beschlüssen Bedenken gegenüber dem bislang weitgehend exekutiven
Regelungsregime der Corona-Verordnungen», sagte der oberste Richter
des Landes Rheinland-Pfalz. «Diese deutlichen Warnhinweise werden
noch nicht hinreichend wahrgenommen.» Verwaltungsgerichte könnten
einzelne Vorschriften in den Corona-Rechtsverordnungen womöglich «von
einem Tag auf den anderen kassieren», weil sie gegen den
Parlamentsvorbehalt und damit gegen die Verfassung verstießen, sagte
Brocker der «Rhein-Zeitung».

«Das vom parlamentarischen Gesetzgeber abgekoppelte
Sonderrechtsregime von Corona-Verordnungen gerät zunehmend in
Konflikt mit den rechtsstaatlichen Vorgaben der Verfassung», betonte
Brocker. «Nicht weil die Maßnahmen per se zu weitgehend wären,
sondern weil weiterhin allein die Exekutive handelt.»

«Die Corona-Krise ist aber weder allein die Stunde der Exekutive noch
der sie kontrollierenden Judikative: Alle drei Staatsgewalten müssen
ihren Beitrag leisten und deshalb dringend als zentrales Staatsorgan
auch der Deutsche Bundestag», erläuterte der Jurist. Die
Landesparlamente könnten diese verfassungsrechtliche Lücke entgegen
anderslautenden Vorschlägen nicht alleine schließen.

Der Deutsche Bundestag sollte die Warnhinweise der
Verwaltungsgerichte als Handlungsaufforderung begreifen,
gesetzgeberisch tätig zu werden und so die Verordnungen als dringend
notwendiges Instrument zur Bekämpfung der Pandemie
verfassungsrechtlich abzusichern, forderte Brocker. «Dies ist aus
grundrechtlicher Sicht gerade jetzt angesichts bevorstehender
Verschärfungen von Schutzmaßnahmen dringend geboten.»