Nachvollziehbare, klare und einheitliche Corona-Regelungen gefordert

Klare Corona-Regeln brauchen die Bürger - das sagen zahlreiche
Politiker vor dem Treffen zwischen der Kanzlerin und den
Ministerpräsidenten der Länder. Einfach wird das nicht.

Berlin (dpa) - Vor dem Treffen zwischen Bund und Ländern pochen
Politiker verschiedener Parteien auf einheitliche, klare und
nachvollziehbare Corona-Regelungen, um die Akzeptanz dafür zu
stärken. «Es ist ganz entscheidend, dass die Bürger eine
einheitliche, klare Handhabe haben», sagte Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder (CSU) am Dienstagabend im ZDF-«heute journal».
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet sagte dem
«Tagesspiegel» (Mittwoch), dass die Bürger ein Recht hätten «auf

klare, verbindliche Regeln, die jeder nachvollziehen kann.» Auch
Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) mahnte, die Politik
müsse dort, wo es nötig sei - wie beispielsweise bei der Begrenzung
von privaten Feiern - auch klare Regeln aufstellen.

Zuvor hatten bereits Politiker wie Baden-Württembergs
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus eine einheitliche Linie der
Länder angemahnt. Die Mahnung hatte sich auch an den erst vergangene
Woche beschlossenen Beherbergungsverboten entzündet, die oft als
nicht mehr nachvollziehbar wahrgenommen worden waren.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder
wollen am Mittwochnachmittag über weitere Maßnahmen beraten. Erstmals
seit vier Monaten findet die Konferenz nicht per Video statt, die
Länderchefs sind für ein Vor-Ort-Treffen in Berlin.

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte
Merkel auf, «die Koordinierung der Maßnahmen für den Corona-Herbst
endlich zur Chefinnensache» zu machen. «Entscheidend bei der
Bekämpfung der Pandemie ist das Vertrauen der Menschen in die
Maßnahmen. Dies wird aber gefährdet, wenn durch kleinteiliges,
aktionistisches Handeln ein unübersichtlicher Flickenteppich an
Regeln und Bestimmungen herrscht», sagte sie der «Rheinischen Post»
(Mittwoch). «Ich erwarte von Bund und Ländern, dass sie so lange
tagen, bis eine gemeinsame Strategie mit nachvollziehbaren,
einheitlichen Regeln für den Herbst und Winter steht.»

Der Städte- und Gemeindebund forderte wandte sich ebenfalls gegen die
von Land zu Land «immer unterschiedlicheren Regelungen». Sie
gefährdeten die notwendige Akzeptanz der Menschen bei der
Pandemiebekämpfung, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der
Funke Mediengruppe.

Allerdings zeichnet sich keine leichte Lösung ab - zu unterschiedlich
sind die Positionen. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans
(CDU) sprach sich dafür aus, dass Beherbergungsverbot für Gäste aus
Corona-Hotspots zu kippen. Hans sagte der «Saarbrücker Zeitung»
(Mittwoch), Millionen Bürger seien vom Beherbergungsverbot betroffen.
«Das Beherbergungsverbot hilft aber nicht, das Infektionsgeschehen
positiv zu beeinflussen. Deshalb ist es überflüssig geworden.» Zuvor

hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) angekündigt,
das Beherbergungsverbot nicht umsetzen zu wollen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD)
bekräftigte hingegen, am Beherbergungsverbot festhalten zu wollen. Zu
den Unterstützern der Maßnahme zählte zuletzt auch Söder.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer forderte, die Kriterien
für das Beherbergungsverbot auf den Prüfstand zu stellen. «Wir
brauchen eine Überprüfung, ob die Zahl 50 auf 100 000 Einwohner
richtig ist», sagte er der «Bild». Im «Spiegel» lehnte er eine
Ausweitung der Maßnahmen ab. «Neue Regeln brauchen wir nicht. Wir
wollen die, die wir haben, bekräftigen und entschieden durchsetzen»,
sagte der CDU-Politiker. «Aktionismus hilft uns jetzt nicht weiter.»
Man dürfe die Bevölkerung nicht verunsichern.

Derweil forderte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki eine
Rückkehr der Corona-Entscheidungen in die Hand des Bundestages. «Die
vielfache Missachtung verfassungsrechtlicher Grundlagen durch die
Exekutive schadet dem Ansehen unserer demokratischen Ordnung massiv»,
sagte der FDP-Politiker der «Rheinischen Post» (Mittwoch). Es
entstehe der fatale Eindruck, dass die Verfassung in Pandemiezeiten
nicht gelte. «Daher ist es zwingend geboten, dass die Parlamente
wieder die notwendigen Entscheidungen in die Hand nehmen.»