Mediziner halten neue Corona-Regeln in England für unzureichend

London (dpa) - Berater der britischen Regierung haben bereits vor
drei Wochen Premierminister Boris Johnson einen landesweiten Lockdown
empfohlen. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Protokoll des
wissenschaftlichen Expertengremiums Sage hervor. Die Fachleute aus
dem Gesundheitsbereich hatten gewarnt, dass Großbritannien sonst auf
eine «große Epidemie mit katastrophalen Konsequenzen» zusteuere.

Die oppositionelle Labour-Partei nannte das Dokument in einem
BBC-Interview am Dienstag «alarmierend». Ein Sprecher der Regierung
erklärte hingegen, man habe «effektive Maßnahmen» ergriffen.
Großbritannien zählt zu den am schwersten von der Pandemie
getroffenen Staaten in Europa. Bereits bei der ersten Ausbruchswelle
im Frühjahr hatte es einen Lockdown gegeben.

Johnson hatte am Montag ein dreistufiges System im Kampf gegen die
Pandemie für den Landesteil England vorgestellt. Dort sollen je nach
Risikograd - mittel, hoch oder sehr hoch - ab Mittwoch verschärfte
Regeln gelten. Einen Lockdown wie bei der ersten Ausbruchswelle im
Frühjahr will Johnson allerdings vermeiden. So sollen Schulen und
Universitäten in England geöffnet bleiben. Gerade aus den Hochschulen
werden allerdings hohe Infektionszahlen gemeldet.

In ganz Großbritannien mit seinen knapp 67 Millionen Einwohnern sind
am Montag knapp 14 000 neue Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden
gemeldet worden. Doch nicht überall gibt es genug Tests, so dass die
tatsächliche Zahl höher liegen dürfte. Betroffen sind vor allem der
Norden Englands, Schottland, Teile von Wales und Nordirland.