Schwesig verteidigt Beschränkungen für Reisende - Viel Kritik

Die Nervosität in der Politik wegen der steigenden
Corona-Infektionszahlen wächst. Dies ist auch in Schwerin zu spüren.

Schwerin (dpa/mv) - Nach der Kritik an den Pandemie-Regelungen im
Nordosten hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die
Beschränkungen für Reisende aus Corona-Risikogebieten verteidigt. Die
Regeln seien nicht neu, sondern es gebe sie bereits seit mehreren
Monaten und sie hätten sich bewährt, sagte Schwesig am Montag im
Mittagsmagazin von ARD und ZDF. Sie sprach sich für bundesweit
einheitliche Regeln in Gebieten mit hohen Infektionszahlen aus. «Es
wäre einfacher, wenn sich alle Bundesländer durchringen, klare Regeln
zu haben, was eigentlich in einem Hotspot passiert.»

Wer aus einem Risikogebiet einreise, muss auch bei Vorlage eines
negativen Tests wenigstens fünf Tage in Quarantäne. Dies gilt nicht
für Mitglieder der sogenannten Kernfamilie, wie Kinder, Enkel oder
Großeltern. Nach den fünf Tagen kann man sich «freitesten» lassen.

Die Regel habe sich bewährt, sagte Schwesig.

Der Deutschen Presse-Agentur sagte sie, dass die Gesundheit der
Bevölkerung an erster Stelle stehe. «Unser Ziel ist, dass die
Wirtschaft, dass Kitas und Schulen offenbleiben können. Und wir haben
immer bei uns im Land besondere Regeln für die Kernfamilie gehabt.»
In Krisenzeiten sei ist der Zusammenhalt in der Familie besonders
wichtig. «Dazu haben wir jetzt Klarheit geschaffen.»

Die Landesregierung hatte am Sonntagabend in einer sogenannten
Allgemeinverfügung die Reisefreiheit bei Familienbesuchen in
Risikogebieten neu geregelt und eine Test- beziehungsweise
Quarantänepflicht in diesem Fall ausgenommen. In einer Regelung zuvor
gab es keine Ausnahmen für Familienbesuche.

Der FDP-Landesverband MV kritisierte die Regierung. «Wenn in einem so
gravierenden Eingriff in die Reisefreiheit die Familien vergessen
werden, dann fragt man sich schon, ob die Regelungen wirklich
durchdacht sind», sagte der Landesvorsitzende René Domke. Er sehe die
Gefahr, dass es für die Bürger nicht mehr nachvollziehbar ist, welche
Regeln wann und warum gelten.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Bürgerbeauftragter Matthias Crone
äußerte die Sorge, dass bei zu starker Regulierung die Zustimmung in
der Bevölkerung schwindet. «Wenn die Regelungen zu filigran und
detailreich werden, schaut keiner mehr durch, und die Akzeptanz
sinkt», sagte Crone. Er regte an, die einzelnen Verbote anzuschauen
und zu überprüfen, ob sie wirklich für die Bekämpfung der Pandemie

erforderlich sind.

Für die Landesregierung gebe es laut Crone zwei Möglichkeiten. Wenn
sie mehr auf Restriktionen setze, müsse sie mehr Ausnahmeregelungen
einbauen und diese am besten schon vorab gut durchdacht haben. Auf
der anderen Seite gelte, dass bei weniger strengen Regeln ein höheres
Risiko in Kauf genommen werden müsse. «Dafür ist aber die Akzeptanz
größer.» Er könne sich gut vorstellen, dass sich die Landesregierun
g
mehr an den Vorschriften der anderen Bundesländer orientiert. «Wir
dürfen ruhig etwas mehr beieinander bleiben in Deutschland».

Die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit forderte der Tourismusver
band
Kühlungsborn. Der Verbandsvorsitzende Jörg Schlottke fürchtet wegen
der umstrittenen Quarantäneregelung für Urlauber aus
Corona-Risikogebieten um das Image des Landes. «Es darf im
Tourismusland Nr. 1 nicht wieder der Fehler wie zu Beginn der
Corona-Krise passieren, dass Gäste aus dem Land gejagt werden.» Die
Gäste sähen die aktuelle Situation nach der Verschärfung mit Regeln
durch die Quarantäneverordnung sehr viel kritischer, als die
Landesregierung vermute.

Am Montag begann nach dem Ende der Herbstferien für die rund 150 000
Schüler wieder der Unterricht. Wie das Bildungsministerium
berichtete, blieben wegen mehrerer Corona-Infektionen eine Schule in
Löcknitz (Vorpommern-Greifswald) und eine in Neubrandenburg
geschlossen. Nach dem positiven Corona-Test einer Lehrerin kam dann
noch eine Stralsunder Grundschule hinzu. Mehr als 120 Schüler, Lehrer
und weitere Mitarbeiter müssten nun getestet werden.