Corona in Bayern auf dem Vormarsch - Einschränkungen verschärft

Mehrere Landkreise und Städte in Bayern sind bei Corona inzwischen
über einem kritischen Warnwert. Die Kommunen müssen die Zügel wieder

stärker anziehen - in Münchens Wirtshäusern wird der Zapfhahn frühe
r
abgedreht. Andernorts kommt der gefürchtete Distanzunterricht.

München/Nürnberg (dpa/lby) - Die Zahl der Corona-Infektionen in
Bayern ist am Montag weiter deutlich nach oben gegangen. Die Zahl
stieg im Vergleich zum Vortag um 363 registrierte Fälle, teilte das
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Montag
mit. In der Landeshauptstadt München stieg die sogenannte
7-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner über den wichtigen Signalwert
von 50, ab dem weitere Einschränkungen greifen sollen.

Nach Angaben des Landesamtes wurde auch im Landkreis Regen (76,22),
der Stadt Memmingen (58,96), in Rosenheim (67,66), im Kreis
Fürstenfeldbruck (58,82) und nach Angaben des örtlichen Landratsamtes
im bei Touristen beliebten Landkreis Berchtesgadener Land (57,6) die
Schwelle gerissen. Bayerns zweitgrößte Stadt Nürnberg liegt laut
LGL knapp über dem Vorwarnwert von 35, die drittgrößte Stadt Augsbu
rg
mit nach Angaben der Stadtverwaltung 49,3 nur noch ganz knapp unter
der 50er-Grenze.

In Augsburg wird damit gerechnet, dass die Warngrenze spätestens am
Mittwoch überschritten wird. Deshalb wurden bereits weitere
Einschränkungen in die Wege geleitet. So muss etwa das
Fußball-Bundesligaspiel des FC Augsburg am kommenden Samstag gegen RB
Leipzig ohne Zuschauer stattfinden.

In München darf in Gaststätten nach 22.00 Uhr kein Alkohol mehr
ausgeschenkt werden, wie das Rathaus nach einer Krisensitzung der
Stadtspitze am Montag mitteilte. Am nächsten Wochenende gilt an
mehreren bekannten Treffpunkten auch wieder ein abendliches
Freiluft-Trinkverbot. In der Innenstadt müssen Fußgänger auf dem
Marienplatz, am Stachus und einigen weiteren Örtlichkeiten wieder
Masken tragen. Private Treffen sind noch zu maximal fünft erlaubt.

Der besonders stark betroffene Landkreis Regen greift zum Schutz vor
einer Ausbreitung des Virus auch wieder in den Regelbetrieb der
Schulen ein. Viele Schüler müssen ab Dienstag wieder regelmäßig von

zu Hause aus lernen. Die meisten Schulen könnten den geforderten
Abstand von 1,5 Metern zwischen den Kindern nicht einhalten und
teilten die Klassen auf, erklärte der Leiter des Schulamts Regen,
Walter Kloiber. «Der Unterricht wird in der Regel aber nicht
reduziert, sondern stundenplanmäßig stattfinden», betonte Kloiber.

Schon seit Montag herrscht im Landkreis Regen Maskenpflicht im
Unterricht. Außerdem gelten strengere Regeln für Veranstaltungen,
Besuche in Pflegeeinrichtungen und die Gastronomie. «Wir wissen, dass
wir den Bürgern viel zumuten», sagte Landrätin Rita Röhrl (SPD) am

Wochenende. Die Allgemeinverfügung gilt zunächst bis kommenden
Sonntag (18.10.).

Auch Memmingen reagierte mit einer Allgemeinverfügung auf die
steigenden Zahlen. «Überwiegend handelt es sich um Infektionen im
familiären Bereich», sagte Oberbürgermeister Manfred Schilder.
«Leider ist das Infektionsgeschehen aber nicht klar eingrenzbar.» Die
Teilnehmerzahlen an Feiern werden nun weiter begrenzt. Schulen und
Kindertagesstätten sollen erst einmal unangetastet bleiben.

Die bayerische Staatsregierung hält die neuen Einschränkungen, vor
allem in der Landeshauptstadt, für notwendig. «Wir begrüßen die heu
te
getroffenen Maßnahmen der Landeshauptstadt München ausdrücklich»,
sagte Staatsminister und Corona-Koordinator Florian Herrmann. «Auch
das Alkohol-Ausschankverbot in der Gastronomie ab 22.00 Uhr ist
richtig, denn es ist zielführend und notwendig, um das
Infektionsgeschehen nachhaltig zu reduzieren. Wir brauchen bei hohen
Inzidenzzahlen mehr Maske, weniger Alkohol und weniger Partys.»

Ministerpräsident Markus Söder hatte sich bereits am Vortag dafür
ausgesprochen, bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem
Mittwoch die «vorsichtigsten Regeln» zum Maßstab für alle zu machen
.
«Wir sollten jetzt nicht die Regeln, die am leichtesten sind, für
alle anwenden, sondern die vorsichtigsten», sagte der CSU-Chef am
Sonntagabend in den ARD-«Tagesthemen». Deutschland erlebe einen
sprunghaften Anstieg der Neuinfektionen. «Deswegen brauchen wir auch
für die kommenden Wochen noch deutlichere Regelungen, zum Beispiel
mit mehr Masken.» Diese seien der entscheidende Schlüssel, um
Alltagsnormalität so lang und so gut wie möglich zu erhalten.

Die Grünen im Landtag kritisierten indes das Beherbergungsverbot für
Menschen, die aus einem Risikogebiet außerhalb Bayerns kommen. Ein
Verbot, das dann greift, wenn der Wohnort außerhalb Bayerns liegt,
aber bayerische Risikogebiete ausspare, erscheine nicht durchdacht,
sagte der tourismuspolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Christian
Zwanziger. «Das Beherbergungsverbot der Söder-Regierung mit all
seinen kleinteiligen und widersprüchlichen Regelungen kommt mit einer
guten Portion Populismus nach dem Motto «Das Böse kommt von außen»

daher und stiftet Verwirrung statt Akzeptanz.»