Offenbacher Corona-Krisenstab: Zunächst keine weiteren Maßnahmen

In Offenbach häufen sich die Corona-Fälle, die Mitarbeiter des
Gesundheitsamts können nicht mehr alle Kontaktpersonen ermitteln.
Unterstützung bekommen sie von Sanitätern der Bundeswehr.

Offenbach/Wiesbaden (dpa/lhe) - Im Corona-Hotspot Offenbach soll es
trotz der zugespitzten Situation zunächst keine weiteren Maßnahmen
zur Bekämpfung der Pandemie geben. Es werde insgesamt zehn Tage lang
abgewartet, wie die seit Freitag geltenden Regeln wirkten, sagte ein
Sprecher der Stadt nach einer Sitzung des Krisenstabes am Montag. Der
Inzidenzwert ist am Montag leicht auf 77,5 Fälle pro 100 000
Einwohner innerhalb von sieben Tagen gesunken, am Sonntag hatte er
bei 80,6 gelegen. Zwei Neuinfektionen wurden bekannt.

Es seien nicht nur größere Veranstaltungen oder Feiern gewesen, bei
denen sich die Menschen angesteckt hätten, erklärte der Sprecher.
Auch viele Pendler, die außerhalb von Offenbach arbeiteten, hätten
sich infiziert - etwa in dem Paketzentrum in Obertshausen Ende
September. «Bei der Kontaktverfolgung kommen wir kaum mehr hinterher.
Es gibt immer mehr Fälle, bei denen wir nicht alle Personen ermitteln
können.» Die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien an ihrer
Belastungsgrenze.

Unterstützt werden sie bei der Kontaktverfolgung und der Durchführung
von Tests spätestens ab Dienstag von 16 Sanitätern der Bundeswehr.
Die Stadt hatte diese am Wochenende angefordert. Ähnlich wie in der
Nachbarstadt Frankfurt gilt in Offenbach derzeit eine Sperrstunde ab
23.00 Uhr in Bars und Restaurants, zudem gibt es
Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Raum.

Ein Sprecher des hessischen Landkreistages erklärte, hessenweit sei
vielfach bereits aus anderen Abteilungen der Verwaltung Personal zur
Unterstützung der Gesundheitsämter hinzugezogen worden. Diese Praxis
werde bei einer weiteren Verschärfung der Lage fortgesetzt. Zudem
könnten dann auch externe Angebote, wie zum Beispiel vom Land
vermittelte Medizinstudierende, interessant werden. Teilweise hätten
die Landkreise auch schon neues Personal in den Gesundheitsämtern
angestellt oder seien in Vorbereitung dazu.

Das Gesundheitsamt Wiesbaden beispielsweise ist nach Angaben der
Stadt derzeit «sehr stark belastet und ausgelastet». «Weitere
Dienstleistungen können nicht in gewohntem Umfang angeboten werden,
Überstunden sind zur Abarbeitung der anfallenden Aufgaben notwendig»,
teilte ein Sprecher mit. Die Kontaktpersonennachverfolgung habe
oberste Priorität und könne noch abgearbeitet werden - allerdings nur
durch die Unterstützung anderer Ämter und mit deutlichen Überstunden

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

«Andere notwendige Arbeiten, wie beispielsweise Belehrungen nach dem
Infektionsschutzgesetz, können aktuell kaum stattfinden», erklärte
der Sprecher. Es seien mehr als 20 neue Stellen im Wiesbadener
Gesundheitsamt geplant, deren Besetzungen aktuell liefen. «Hinzu
kommen einige Honorarverträge für Ärzte und Personen, die das
Quarantänemanagement unterstützen.»

Auch ein Sprecher des Kreises Marburg-Biedenkopf berichtete von einer
hohen Arbeitsbelastung. «Die Kontaktpersonen-Nachverfolgung erfolgt
innerhalb von zwei bis drei Tagen, was auch von der Erreichbarkeit
der Personen abhängt.» Neben den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes
setze der Landkreis zusätzlich auch geschultes Personal aus anderen
Bereichen der Verwaltung und Medizinstudenten ein.

Aus dem Kreis Groß-Gerau hieß es: «Wir haben Schwierigkeiten, eine
kontinuierliche Nachverfolgung sicherzustellen», sagte ein Sprecher
zur Überprüfung von Infektionswegen. Die Mitarbeiter würden an den
Grenzen arbeiten. Eine Schwierigkeit sei auch, dass die Kooperation
der Menschen nicht mehr so ausgeprägt sei wie zu Beginn der Krise.
«Es gibt eine zunehmende Skepsis gegen Behörden. Das macht die Arbeit
schwierig.»

Das Gesundheitsamt im Kreis habe das Land bereits um Unterstützung
gebeten, zum Beispiel auch durch die Bundeswehr. Insgesamt seien 60
bis 65 Mitarbeiter damit beschäftigt, die Infektionswege
nachzuverfolgen. Einige seien aber auch Teilzeitkräfte, andere krank
oder im Urlaub. Der Kreis lag am Wochenende über der Marke von 50
Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100 000 Menschen.