Sorge vor Corona-Ausbruch auf Sylt - Partygäste reagieren auf Aufruf

Ein Mann besucht eine nächtliche Party in einem Lokal auf Sylt. Dann
stellt sich heraus, dass er mit dem Coronavirus infiziert ist. Jetzt
befürchtet das Gesundheitsamt ein Superspreader-Ereignis.

Kiel/Westerland (dpa/lno) - Die Teilnahme eines Corona-infizierten
Mannes an einer Party in einer Sylter Bar hat im Kreis Nordfriesland
Sorgen vor einer massiven Ausbreitung des Virus geweckt. Das
Gesundheitsamt in Husum teilte am Samstag mit, der Infizierte habe
vor dem Auftreten erster Symptome und einem Test das «American
Bistro» in Westerland besucht. Nach seiner Erinnerung seien dort in
der Nacht zum 4. Oktober 70 bis 100 Menschen anwesend gewesen.

«Diese Party könnte ein Superspreader-Ereignis werden», sagte die
Leiterin des Fachbereichs Sicherheit, Gesundheit und Veterinärwesen
der Kreisverwaltung Nordfriesland, Nina Rahder. Das Amt bat alle
Personen, die sich in jener Nacht ab 23.30 Uhr in dem Lokal
aufgehalten haben, sich über die Hotline 0800 200 66 22 oder per
E-Mail zu melden. Bis zum Sonntag seien rund 200 Anrufe eingegangen,
außerdem 50 Mails, teilte ein Sprecher der Kreisverwaltung mit. Er
sprach von einer sehr guten Resonanz des Aufrufs. Erste Tests der
Gäste seien ab Montag möglich.

Auf das Bußgeld, das eigentlich alle Besucher zahlen müssen, die sich
nicht ordentlich in die Kontaktlisten in Lokalen eingetragen hätten,
werde verzichtet. «Uns ist es jetzt nur wichtig, die Ausbreitung des
Virus zu stoppen», sagte Rahder. Wer vorsätzlich falsche Kontaktdaten
angibt, muss in Schleswig-Holstein seit Ende September 1000 Euro
Bußgeld zahlen. Der Kreis Nordfriesland könne durchaus entscheiden,
ob er Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gegen die Partygäste
einleite oder nicht, sagte der Kreissprecher und versicherte:
«Selbstverständlich werden wir uns an die öffentlich gegebene Zusage

halten.»

Die Zahl der Neuinfektionen in Schleswig-Holstein erhöhte sich am
Samstag um 26 Fälle. Seit Beginn der Pandemie im Norden haben sich
bislang 5235 Menschen mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt, wie die
Landesregierung im Internet mitteilte. Nach Schätzung des Robert
Koch-Instituts gelten rund 4600 von ihnen als genesen. Am Freitag
waren 54 Neuinfektionen gezählt worden.

Im Kreis Nordfriesland, zu dem Sylt gehört, wurden keine neuen Fälle
bekannt. Zuletzt waren in den Kreisen Segeberg und Dithmarschen zwei
Infektionsherde bekannt geworden. So wurden 14 Saisonarbeiter eines
landwirtschaftlichen Betriebs bei Bad Bramstedt positiv getestet, wie
die Kreisverwaltung in Bad Segeberg am Freitag mitgeteilt hatte. In
Wesselburen waren bis zum vergangenen Donnerstag 27 Ansteckungen
unter dort lebenden Rumänen vom Kreis Dithmarschen bestätigt worden.

Unterdessen wird die Liste der deutschen Kommunen, aus denen Urlauber
nur noch mit einem negativen Testergebnis nach Schleswig-Holstein
kommen dürfen, immer länger. Am Sonntag nannte die Landesregierung 23
Städte und Kreise, darunter Berlin, Köln, Stuttgart, Frankfurt, Essen
und Bremen.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kritisierte das
Vorgehen von Schleswig-Holstein und anderer Länder. «Ich halte diese
Maßnahme für rechtswidrig, weil sie weder verhältnismäßig noch
geeignet ist» sagte Kubicki «Bild»-Zeitung (Montag). Bislang sei nie

die Rede davon gewesen, dass innerdeutsche Reisen für den Anstieg der
Infektionszahlen verantwortlich sind. «Ich bin mir sicher, diese
Grundrechtseinschränkung wird nicht lange aufrechterhalten werden»,
sagte der FDP-Politiker aus Kiel.