Mediziner: Geringes Risiko für Corona-Infektion über Augen

Berlin (dpa) - Eine Corona-Infektion über die Augen ist nach
Medizinerangaben unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Reibe man
sich beispielsweise die Augen mit Corona-kontaminierten Händen, «wäre

eine Übertragung auf die Nasenschleimhaut oder die Atemwege denkbar,
sagte Clemens Lange vom Universitätsklinikum Freiburg auf dem
Jahreskongress der Deutschen Ophthalmologische Gesellschaft (DOG).
Zuvor hatten mehrere Meiden darüber berichtet.

Es gibt im Kopf Verbindungen zwischen den Augen und der Nase wie etwa
Tränenwege. Bei derzeitiger Studienlage «weist jedoch nichts darauf
hin, dass wir die Augen als bedeutsame Eintritts- oder
Austrittspforte des Virus betrachten müssen», stellte Lange fest. Auf
dem DOG-Kongress von Freitag bis Sonntag diskutierten die Teilnehmer
in diesem Jahr online über diverse Aspekte der Augenmedizin.

Einige Studien postulieren Lange zufolge, dass eine Ansteckung über
die Bindehaut möglich ist. Es sei jedoch noch nicht eindeutig
geklärt, ob die Zellen der Augenoberfläche genügend Eintrittspforten

hätten. In keiner der Proben von 46 untersuchten Menschen seien
relevante Mengen der für Corona wichtigen Rezeptoren ACE-2 oder
TMPRSS2 in der Bindehaut festgestellt worden, sagte Lange, der an
dieser Studie beteiligt war. Andere Forscher hatten in der
Augenhornhaut Hinweise auf diese Rezeptoren gefunden, allerdings eine
tatsächliche Corona-Übertragung darüber nicht geprüft.

Eine Übertragung über die Tränenflüssigkeit ist Lange zufolge
ebenfalls eher unwahrscheinlich. «Der regelmäßige Lidschlag des Auges

sowie die geringe Augenoberfläche dürften verhindern, dass
ausreichend Viren ins Auge gelangen können.» Auch enthalte der
Tränenfilm von Corona-Infizierten nur sehr selten Virenerbgut.

Lange schließt eine Übertragung des Coronavirus über die Augen aber
keinesfalls aus. Selbst bei augenärztlichen Untersuchungen dürfte
jedoch von Aerosolen aus den Atemwegen infizierter Menschen ein
deutlich höheres Infektionsrisiko für die Mediziner ausgehen als von
Tränenfilm und Augenoberfläche der Patienten.

«Obwohl wir derzeit eher keine Infektion über das Auge befürchten
müssen, sind weitere Untersuchungen notwendig, um Aufschluss über die
tatsächliche Infektiosität und mögliche Orte der Virusvermehrung zu
erhalten», mahnte DOG-Präsident Hans Hoerauf von der
Universitätsmedizin Göttingen jedoch. Klinikpersonal sei trotz des
offenbar geringen Risikos dringend zu raten, bei bestimmten
intensivmedizinischen Arbeiten mit Coronapatienten die Augen durch
eine Brille zu schützen.