Beherbergungsverbot für Risiko-Urlauber nun auch in Niedersachsen

In immer mehr Regionen Deutschlands überschreiten die Corona-Zahlen
kritische Marken. Für viele Herbsturlauber wird es damit knifflig.
Ministerpräsident Weil betont, dass niemand seinen Aufenthalt im Land
abbrechen müsse. Dennoch ist die Verunsicherung bei Touristen groß.

Hannover (dpa/lni) - Zum Start der Herbstferien verhängt
Niedersachsen nun doch ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus
Corona-Risikogebieten. Eine entsprechende Landesverordnung werde auf
den Weg gebracht, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am
Donnerstag im Landtag. Die Details sollten im Laufe des Nachmittags
bekanntgegeben werden.

Viele andere Bundesländer wollen auch keine Touristen aus
Risikogebieten mehr in ihren Hotels und Ferienwohnungen übernachten
lassen. Darauf hatten sie sich am Mittwoch bei einer Schaltkonferenz
der Chefs der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtschef Helge
Braun (CDU) verständigt. Niedersachsen hatte sich dem zunächst nicht
angeschlossen.

«Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen», sagte
Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Aber die Entwicklung der
Infektionen zwinge die Landesregierung zu dieser Maßnahme. Die
meisten Bundesländer hätten bereits eine Beherbergungsverbot. «Wir
müssen alles unternehmen, um einen erneuten Lockdown zu vermeiden.
Für die niedersächsische Tourismuswirtschaft ist das ein herber
Rückschlag in der gerade begonnenen Erholungsphase», betonte
Althusmann und kündigte kurzfristige Hilfsmaßnahmen im Umfang von bis
zu zehn Millionen Euro an. Damit wolle man die Einnahmeausfälle
ausgleichen.

Greifen soll die Maßnahme für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50
Neuinfektionen je 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Das
Beherbergungsverbot gelte nicht, wenn eine Stadt oder ein Landkreis
nur an einem Tag den Wert von 50 überschreite, erklärte Weil am
Donnerstag. Zudem könnten Touristen mit einem negativen Corona-Test
durchaus in Niedersachsen Urlaub machen.

In Niedersachsen und Bremen beginnen an diesem Wochenende die
zweiwöchigen Herbstferien. Unklar ist, ab wann das
Beherbergungsverbot in Niedersachsen gilt. Weil Auslandsreisen
weitgehend ausfallen, haben viele Deutsche bereits Reiseziele im
Norden gebucht - etwa an der Nordseeküste oder im Harz. Maßgeblich
sei das Datum der Einreise nach Niedersachsen, erklärte Weil. Es
solle vermieden werden, dass kurzfristig Aufenthalte abgebrochen
werden müssen.

Die neue Verfügung werde große Unsicherheit bei der einheimischen
Hotellerie und Tourismusbranche auslösen, räumte der Regierungschef
ein: «Das ist nichts, was wir leichten Herzens tun.» Die Entscheidung
sei sorgfältig abgewogen worden. Hintergrund sei die exponentielle
Steigerung der Infektionszahlen.

FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte, dass noch viele Fragen
offen seien, etwa: «Wann treten welche Regelungen in Kraft?» Zudem
hätten die Hotellerie und Übernachtungsbetriebe doch Hygienekonzepte,
denen bisher vertraut worden sei. Der Tourismusverband Niedersachsen
sprach sich für eine einheitliche Regelung in Deutschland aus. Sowohl
für Gäste als auch für Betriebe, die mit Stornierungen und
Rückzahlungen konfrontiert werden, sei die Situation nicht einfach.

In den Tourismusgebieten herrschte am Donnerstag große
Verunsicherung. «In den Tourismuszentralen brechen die Telefone
zusammen», berichtete Ulrich von dem Bruch, Geschäftsführer der
Lüneburger Heide GmbH. «Berlin und Nordrhein-Westfalen sind die
großen Märkte. Alle wollen wissen, wie es weitergeht.» Zwar könne m
an
mit einem negativen Corona-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein
darf, anreisen. «Aber es fehlen ja auch Testkapazitäten. Und da ist
die rechtliche Lage unklar, denn Storno wird es nicht geben. Da haben
wir eventuell ein rechtliches Problem», sagte von dem Bruch.

Auch Carola Schmidt, Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbands,
sah die Testmöglichkeiten kritisch: «Man muss den Menschen die Chance
geben, an Tests zu kommen. Das ist noch nicht abschließend geklärt.»

Ein Anrecht auf Stornierung habe der Gast aus einem Risikogebiet zwar
nicht, aber viele Goodwill-Regelungen hätten zuletzt gut
funktioniert. «Der Harz ist voll gebucht, der Oktober ist ein ganz
starker Monat», berichtete Schmidt. Wenn einige nun ihren Urlaub im
Einvernehmen mit Vermietern verschieben wollten, könnten andere die
Lücken füllen.