Der Patient im Weißen Haus - Was wir alles nicht wissen Von Lena Klimkeit, dpa

Donald Trump twittert wieder wie gewohnt. Er sagt, es gehe ihm gut.
Mit der Entlassung aus dem Krankenhaus scheint der gesundheitliche
Ausnahmezustand nach seiner Corona-Infektion vorbei zu sein. Doch
vieles bleibt im Unklaren.

Washington (dpa) - Donald Trump ist zurück im Weißen Haus, er
twittert auch wieder in alter Manier. Seine Entlassung aus der Klinik
am Montag scheint vorerst das Ende des gesundheitlichen
Ausnahmezustands zu markieren. Vorbei sind die wenigen Tage, an denen
die Ärzte vor dem Krankenhaus vor die Kameras traten und sich den
Frage der Journalisten zu Trumps Corona-Infektion stellten. Doch
Leibarzt Sean Conley hatte gesagt, mit Blick auf den
Krankheitsverlauf könne er erst nach dem Wochenende Entwarnung geben.
In der Zwischenzeit tappt die Öffentlichkeit weitgehend im Dunkeln
darüber, wie es dem berühmtesten Corona-Patienten wirklich geht. Was
wir alles nicht wissen:

- Trumps Gesundheitszustand

Es ist unklar, wie schlecht es Trump im Laufe seiner Krankheit
wirklich ging - und wie es ihm derzeit geht. In einer Mitteilung am
Dienstag schien Conley seine Worte genau gewogen zu haben: Trump habe
dem Ärzteteam keine Symptome gemeldet. Ob er welche zeigte, schrieb
der Chefmediziner der Regierungszentrale nicht. Auf Nahaufnahmen von
Trumps Rückkehr ins Weiße Haus war zu sehen gewesen, dass der
Präsident nach dem Hochsteigen einer Treppe außer Atem war.

Am Mittwoch berichtete Conley dann, der 74-Jährige sei seit mehr als
vier Tagen fieberfrei und habe seit mehr als 24 Stunden keine
Symptome mehr. Statt eigene Worte für Trumps Befinden zu wählen
zitierte er den Präsidenten: «Ich fühle mich toll!», habe dieser am

Morgen gesagt. Die Sauerstoffsättigung in seinem Blut und seine
Atmung sind nach Angaben des Arztes gut. Aufnahmen des Präsidenten
hat es seit seiner Rückkehr am Montagabend an den Amtssitz nicht mehr
gegeben (Stand Mittwochabend deutscher Zeit).

Die Ärzte haben Vertrauen verspielt, nachdem sie am Samstag ein
rosiges Bild von Trumps Zustand gezeichnet hatten und tags darauf
einräumen mussten, dass es doch ernster war. Zwei Mal seien die
Sauerstoffwerte des Präsidenten im Verlauf der Erkrankung gefallen,
hieß es am Sonntag. Am Freitagmorgen sei die Sauerstoffsättigung des
Bluts unter 94 Prozent gesunken, am Samstag erneut auf rund 93
Prozent. Bis Dienstag war unklar, ob Trump mehr als einmal
zusätzlichen Sauerstoff verabreicht bekam. Mittwoch erklärte Conley:
Trump habe seit seiner Einlieferung ins Krankenhaus keinen
zusätzlichen Sauerstoff mehr gebraucht. Wenn Covid-19 die Lunge
angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.

- Wie es um Trumps Lunge steht

Covid-19 wurde lange als Lungenkrankheit bezeichnet. Mittlerweile ist
klar, dass die Krankheit auch andere Organsysteme in Mitleidenschaft
ziehen kann, worauf auch das Robert Koch Institut hinweist. Trumps
Ärzte haben deutlich gemacht, dass seine Herz-, Nieren- und
Leberfunktionen normal seien. Auf die Frage, ob bildgebende Verfahren
eine Auswirkung der Infektion auf Trumps Lungen oder Hinweise auf
eine Lungenentzündung zeigten, hielt sich sein Leibarzt bedeckt: «Es
gibt einige erwartete Befunde, aber nichts von größeren klinischen
Bedenken.» Was unter «erwarteten Befunden» zu verstehen ist, blieb
unklar.

- Zeitpunkt von Trumps letztem negativen Test

Das Weiße Haus und Trumps Leibarzt verweigern weiterhin Angaben dazu,
wann der Präsident vor seinem positiven Test am Donnerstag zuletzt
negativ auf das Coronavirus getestet wurde. Nach früheren Angaben
wurde Trump jeden Tag getestet. Weil sich Conley und Trumps
Sprecherin Kayleigh McEnany in der Frage aber so bedeckt halten, wird
gemutmaßt, dass das Weiße Haus es mit dem Testregime doch nicht so
streng genommen hat.

Conley hatte an Samstag für zusätzliche Verunsicherung gesorgt als er
sagte, die Diagnose liege 72 Stunden zurück. Das würde auf einen
positiven Test am Mittwoch hinweisen. Später korrigierte er sich in
einer vom Weißen Haus verbreiteten Mitteilung und erklärte, er habe
gemeint, man sei «im dritten Tag» nach der Diagnose.

Die Zeitfrage ist wichtig, weil Trump am Mittwoch noch Spender in
Minnesota traf und dort anschließend vor mehreren Tausend Anhängern
auftrat. Am Donnerstag flog er zu einem Treffen mit Spendern in New
Jersey. Sollte er das alles bereits mit dem Wissen eines positiven
Tests oder ohne einen negativen Test gemacht haben, wäre das
unverantwortlich, weil man davon ausgehen muss, in dieser Phase hoch
ansteckend zu sein.

- Wie Trump sich angesteckt hat

Trump trägt trotz der Empfehlung der US-Gesundheitsbehörde CDC so gut
wie nie eine Maske - er zog sie sich sogar vom Gesicht, als er am
Montagabend im Weißen Haus eintraf, obwohl in seiner Nähe andere
Leute standen. Auch Trumps engste Mitarbeiter trugen in seiner
Gegenwart selten Masken. Trump hat schon früh während der Pandemie zu
verstehen gegeben, dass er schnell zur Normalität zurückkehren will.
Umso mehr war das im Wahlkampf der Fall: Auf der Zielgeraden zur Wahl
am 3. November empfing er in den vergangenen Wochen Gäste im Weißen
Haus, reiste durch das Land, traf Unterstützer und trat vor Anhängern
auf - so auch in der Woche vor seiner Diagnose.

Bei der Frage nach Trumps Ansteckung richtet sich der Blick
insbesondere auf eine Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses
am 26. September. Mehr als 100 geladene Gäste kamen an diesem Tag
zusammen, um bei Trumps Vorstellung der konservativen Juristin Amy
Coney Barrett als Kandidatin für den freien Richterposten am Supreme
Court dabei zu sein. Wenige trugen Masken, zwischen den Stühlen war
kaum Abstand. Womöglich war unter den Besuchern ein sogenannter Super
Spreader, also jemand, der maßgeblich zur Verbreitung des Erregers
beitrug. Fotos zeigten, dass sich einige Teilnehmer - inklusive Trump
- im Zuge der Veranstaltung auch im Weißen Haus trafen.

Weitere nun Infizierte haben an der Vorbereitung Trumps für die
TV-Debatte mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden am
Dienstag vergangene Woche in Cleveland im Bundesstaat Ohio
teilgenommen. Beteiligt an der Vorbereitung waren neben Trumps
früherer Beraterin Kellyanne Conway und Wahlkampfmanager Bill Stepien
auch die enge Trump-Beraterin Hope Hicks und der frühere Gouverneur
von New Jersey, Chris Christie. Bei ihnen allen wurde mittlerweile
eine Corona-Infektion nachgewiesen.