Montgomery warnt vor Überforderung medizinischer Kapazitäten

Berlin (dpa) - Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich
Montgomery, hat Deutschland ein gutes Zeugnis im Kampf gegen die
Corona-Pandemie ausgestellt - aber vor einer Überforderung der
medizinischen Kapazitäten gewarnt. «Deutschland steht hervorragend
da. Wir haben es in der ersten Welle vermeiden können, dass unser
Gesundheitssystem kollabiert», sagte Montgomery dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Inzwischen gebe es aber wieder eine langsame Zunahme der Infektionen,
auf die derzeit noch ohne große Probleme reagiert werden könne.
«Irgendwann kommen wir aber in Bereiche, in denen die
Kapazitätsgrenzen des Gesundheitswesens überschritten werden. Dann
könnte es zu sehr problematischen Zuständen kommen.»

Auf die Frage, ob Kliniken und Arztpraxen inzwischen besser
vorbereitet seien, sagte er: «Es gibt mehr Schutzmaterial, ja. Ich
befürchte aber, dass wenn bald eine große Zahl an Covid-19-Patienten
auf uns zukäme, Betten wieder geschlossen werden müssten, weil das
Personal fehlt, um die Kranken zu betreuen.» Im Moment sei man von
diesem Szenario noch weit entfernt. «Aber: Es gibt bereits heute zu
wenig hoch qualifiziertes Intensivpersonal und Ärzte in den Kliniken.
Das liegt an dem jahrelangen Kaputtsparen der Krankenhäuser.»

Montgomery geht davon aus, dass das Virus «uns mindestens bis Ende
2021 intensiv begleiten» wird. Auch ein zugelassener Impfstoff müsse
schließlich erst produziert und verteilt werden. «Und auch danach
wird das Virus nie wieder ganz weggehen» - aber mit Impfstoffen und
Medikamenten sehr viel beherrschbarer sein.