Physik-Nobelpreisträger Genzel: Tränen, Wein und eine Warnung

Garching/Stockholm (dpa) - Der Astrophysiker Reinhard Genzel konnte
die Nachricht von seinem Nobelpreis zunächst gar nicht glauben. Er
sei am Vormittag in einer virtuellen Konferenz gewesen, als das
Telefon geklingelt habe. «Da sprach diese Stimme und sagte, «This is
Stockholm»», erzählte der 68-Jährige im Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München am Dienstag,
während er übers ganze Gesicht strahlte. Das habe er wirklich nicht
erwartet. «Es gibt den Spruch: Eine Qualität des Forschers, um den
Nobelpreis zu gewinnen ist, dass er langlebig ist.» Seine Gefühlslage
direkt danach: sehr emotional. «Ein paar Tränen waren auch dabei.»


Danach wurde mit Sekt angestoßen, Pläne für den Abend hatte Genzel
zunächst nicht. «Darüber habe ich überhaupt noch nicht nachgedacht.
»
Zudem sei seine Familie momentan nicht in München. «Aber vielleicht
finden sich ja einige Kolleginnen und Kollegen, die dann zusammen mit
mir ein Glas Wein trinken.»

Dass Genzel einmal Physiker werden würde, lag nahe. «Ich bin erblich
vorbelastet», scherzte er. «Mein Vater war schon Physiker, noch
schlimmer, er war auch Max-Planck-Direktor.» Den Nobelpreis, den
neben ihm auch Andrea Ghez und Roger Penrose bekommen haben, sieht
der Physiker auch als Ehre für sein ganzes Team. Jetzt dürfe man sich
aber nicht darauf ausruhen und einschlafen. «Von nix kommt nix.» Die
junge Generation müsse am Ball bleiben, hart arbeiten und dann könne
es auch weitergehen.

Bei Genzel wird es wohl fürs Erste mit der Ruhe vorbei sein, das war
bereits am Dienstag zu spüren. Zahlreiche Interviewanfragen musste
der 69-Jährige bewältigen. Auch für die kommenden Monate rechnet er
nicht mit ruhigeren Zeiten: Es werde sehr viel Aktivität an ihn
herangetragen werden, «dass ich auf allen Dinners erscheinen soll».
Aber da gebe es ja noch diese Pandemie: «Da kann ich auch mal sagen,
ich komme nicht».