Niederländischer Gynäkologe zeugte 17 Kinder - ohne Wissen der Frauen

Ein Paar wünscht sich sehnlichst ein Kind. Doch es klappt nicht. Eine
anonyme Samen-Spende hilft und die Eltern sind überglücklich. Doch
Jahre später macht das Kind eine schreckliche Entdeckung.

Zwolle (dpa) - Ein niederländischer Gynäkologe hat Patientinnen ohne
deren Wissen mit seinem eigenen Sperma befruchtet und so mindestens
17 Kinder gezeugt. Die Wunscheltern hätten nichts geahnt und sicher
keine Zustimmung gegeben, teilte das Isala-Krankenhaus in Zwolle am
Dienstag mit. Der inzwischen gestorbene Arzt war an einer Klinik in
Zwolle zwischen 1981 und 1993 Spezialist für künstliche Befruchtungen
mit Spender-Sperma. Damals waren die meisten Spender anonym.

Das Isala-Krankenhaus in Zwolle, etwa 100 Kilometer östlich von
Amsterdam, machte den Fall - auch im Namen der betroffenen Kinder und
der Familie des Arztes - am Dienstag öffentlich. Das Verhalten des
Arztes sei «moralisch unakzeptabel», erklärte das Krankenhaus. Man
könne nicht zugleich behandelnder Arzt und Spender sein - und schon
gar nicht ohne Zustimmung der Patientinnen.

Der Fall kam durch Zufall ans Licht. Einige der heute erwachsenen
Kinder hatten sich unabhängig voneinander auf die Suche nach ihrem
biologischen Vater begeben. Ihre DNA-Proben stimmten überein mit
denen von anderen Suchenden - und auch mit der DNA-Probe einer
Cousine des Arztes. Eine Mutter erkannte sofort den Namen: Es war der
ihres damaligen Arztes. Die Kinder informierten dessen Familie, und
die gesetzlich anerkannten Kinder des Arztes stimmten einem
DNA-Abgleich zu.

Die Wunscheltern waren «total ahnungslos», sagte Ina Kuper, von der
Direktion des Isala-Krankenhauses. «Die Eltern gingen von einem
anonymen Spender aus», sagte sie der Zeitung De Stentor. Das Motiv
des Arztes ist möglicherweise mit dem damaligen großen Spender-Mangel
zu erklären.

Eine der Mütter sagte der Zeitung: «Der Arzt machte auf uns einen
freundlichen, engagierten und integren Eindruck. (...) Wir haben nie
auch nur eine leise Vermutung gehabt, dass er selbst Spender hätte
sein können.» Die Frau wollte nur anonym zitiert werden.

Das Krankenhaus schließt nicht aus, dass der Mediziner noch mehr
Kinder gezeugt hat. «Zur Zeit der Befruchtung in den 80er Jahren
wurde den Wunscheltern geraten, die künstliche Befruchtung mit
Spender-Samen zu verschweigen», heißt es in der Erklärung des
Krankenhauses.

Die betroffenen Kinder und die Angehörigen des Arztes hatten den Fall
an die Öffentlichkeit gebracht, auch um das Tabu rund um Samenspende
zu brechen, wie Ina Kuper von der Krankenhausdirektion sagte. «Die
Familien sind auch der Ansicht, dass jedes Kind das Recht hat, seine
biologischen Eltern zu kennen.»

Die Gesundheitsbehörden wurden informiert. Doch rechtliche
Konsequenzen wird der Fall kaum haben. Mögliche Vergehen sind
verjährt.

Vor einigen Jahren hatte ein ähnlicher Fall in den Niederlanden für
Entsetzen gesorgt. Ein umstrittener Fortpflanzungsmediziner hatte in
den 1980er und 1990er Jahren mit seinem eigenen Sperma mindestens 49
Kinder gezeugt. Auch in diesem Fall wussten die Eltern nichts davon.
Allerdings mussten die Kinder einen Abgleich mit der DNA des
inzwischen gestorbenen Arztes vor Gericht erzwingen.

Anonyme Samen-Spenden sind seit 2004 in den Niederlanden nicht mehr
zulässig.