Mehr Ansteckungen mit Corona - weiterhin wenig Intensivpatienten

Die Lage in Kliniken und auf Intensivstationen ist in Sachen Corona
entspannt. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen. Noch ernster
ist die Situation im EU-Ausland. Grenzkontrollen sind aber vorerst
nicht geplant.

Berlin (dpa) - Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen in
Deutschland hat einen Höchststand seit knapp fünf Monaten erreicht.
So meldete das Robert Koch-Institut am Samstagmorgen 2297 neue Fälle,
die der Behörde binnen 24 Stunden übermittelt wurden. Am Sonntag war
der Wert dann mit 1345 neuen Ansteckungen erwartungsgemäß niedriger,
auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten melden. Das
RKI spricht in seinem Lagebericht vom Sonntag von einem «weiteren
Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung».

Zudem schreibt das RKI: «Die Zahl der Todesfälle unter den
übermittelten Covid-19 Fällen ist derzeit niedrig.» Das liege
hauptsächlich daran, dass zuletzt bei relativ vielen jungen Menschen
eine Infektion nachgewiesen wurde. Gesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) schrieb am Samstag bei Twitter: «Aktuell kann unser
Gesundheitssystem gut mit der Situation umgehen, aber die Dynamik in
ganz Europa besorgt.»

Allerdings nimmt der Anteil der Infizierten in der älteren
Bevölkerung laut RKI aktuell leicht zu. Sollte sich dieser Trend
fortsetzen, müsse damit gerechnet werden, dass wieder mehr Menschen
ins Krankenhaus kommen und auch sterben. Ältere Menschen gelten als
anfälliger für einen schweren Verlauf von Covid-19.

Gesundheitsminister Spahn riet in der «Rheinischen Post» vor Reisen
in Risikogebiete ab. «In unseren direkten Nachbarländern liegen die
Infektionszahlen teilweise achtmal so hoch wie in Deutschland. Das
sollte jedem Reisenden zu denken geben.»

Eine verschärfte Corona-Lage haben derzeit unter anderem Spanien und
Frankreich. Die französischen Gesundheitsbehörden meldeten am
Samstagabend einen neuen Höchstwert von 13 498 Neuinfektionen
innerhalb von 24 Stunden.

Einreisebeschränkungen und Grenzkontrollen wie im Frühjahr plant die
Bundesregierung momentan aber nicht. «Wir versuchen, durch geeignete
Maßnahmen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu vermeiden»,
sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Samstag.

Die Lage auf den Intensivstationen in Deutschland ist nach wie vor
ziemlich entspannt, wie aus dem sogenannten DIVI-Intensivregister
hervorgeht, das die Kapazitäten in fast 1300 Krankenhäusern erfasst.
So werden rund 250 Covid-Patienten intensivmedizinisch behandelt,
gleichzeitig sind knapp 9000 Betten frei. Laut einem Bericht der
«Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» halten Krankenhäuser auf
ihren Intensivstationen weit weniger Betten für Corona-Patienten
frei, als noch vor einigen Wochen und Monaten. Mehrere Bundesländer
haben demnach die Quoten der reservierten Betten gesenkt.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hält das auch
für richtig: «Trotz leicht angestiegener Infektionszahlen gab es
keine erhebliche Belastung der Intensivstationen», sagte Reinhardt
der Zeitung. Eine Mindestquote sei zwar nötig. Die Kliniken hätten
aber genügend Zeit und Erfahrung, um ihre Kapazitäten hochzufahren,
wenn es wieder mehr Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf geben
sollte, so Reinhardt.

Der R-Wert liegt laut RKI derzeit etwas über 1. Das bedeutet, dass
ein Infizierter im Mittel etwas mehr als einen weiteren Menschen
ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa
eineinhalb Wochen zuvor ab.

In München, wo es derzeit Ersatzfeiern zum abgesagten Oktoberfest
gibt, stiegen die Infektionszahlen immer deutlicher über den
Grenzwert von 50 Neuansteckungen pro Woche und 100 000 Einwohnern. Am
Sonntag meldete das Landesamt für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit für die sogenannte 7-Tage-Inzidenz einen Wert
von 55,6.

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach den Zahlen des RKI
mindestens 271 415 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus
Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 20.9., 0.00 Uhr). Die Zahl der
Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach
RKI-Angaben bei 9386 - das sind zwei Todesfälle mehr als am Vortag.
Bis Sonntagmorgen hatten rund 240 700 Menschen die Infektion nach
RKI-Schätzungen überstanden.