Der Karneval ist abgesagt - jedenfalls so wie man ihn kennt Von Marc Herwig und Christoph Driessen, dpa

Corona killt den Karneval - jedenfalls weitgehend. Klassische
Sitzungen soll es in der kommenden Saison ebenso wenig geben wie
klassische Rosenmontagszüge. Der närrische Frohsinn soll sich im ganz
kleinen Kreis abspielen.

Düsseldorf/Köln (dpa) - Schon lange vor Aschermittwoch ist alles
vorbei: Der Sitzungs- und Straßenkarneval in Nordrhein-Westfalen
fällt in der Saison 2020/21 weitgehend aus. Klassische
Karnevalssitzungen soll es nach dem Willen der Landesregierung und
der großen Karnevalsvereine ebenso wenig geben wie Karnevalszüge in
bekannter Form.

In Zeiten der Pandemie müssten drastische Einschränkungen gemacht
werden, verkündeten Staatssekretär Nathanael Liminski und der
Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn, am
Freitag nach einem Gespräch in der Düsseldorfer Staatskanzlei. «Ein
Karneval, so wie wir ihn kennen, wird in Zeiten der Pandemie nicht
möglich sein», sagte Liminski. Kuckelkorn erklärte, die
Karnevalschefs von Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen hätten die
Landesregierung «um ein klares Signal zur Absage des
Sitzungskarnevals gebeten». Und: «Ich bin sehr glücklich, dass wir
dieses Signal heute erhalten haben.»

«Große Menschenansammlungen, schunkeln, singen und Bützchen
verteilen, in großer Ausgelassenheit und oft auch mit Alkoholkonsum -
all das ist in der Pandemie so nicht denkbar», betonte Liminski. Für
den Karneval gelte der gleiche Rechtsrahmen wie für alle anderen, es
könne da keine Ausnahmen geben. An neuralgischen Punkten solle es zur
Sessionseröffnung am 11.11. und an den tollen Tagen sogar Alkohol-
und Versammlungsverbote geben.

Möglich soll dagegen sein, was klein und kreativ ist und zugleich den
Corona-Regeln entspricht. «Karnevalistische Kulturveranstaltungen,
bei denen etwa ein gewisses Bühnenprogramm geboten wird oder gar ein
Konzert, und die die Regeln und Abstand- und Hygienekonzepte
einhalten, sind natürlich möglich», sagte Liminski. Eine Sprecherin
des Festkomitees Kölner Karneval erläuterte, darunter müsse man sich

Veranstaltungen mit etwa 100 bis 150 Teilnehmern vorstellen. Vieles
davon werde wohl auch nur intern in den Vereinen stattfinden und
nicht öffentlich sein. Kuckelkorn hatte schon vorher gesagt, der
Karneval müsse jetzt zu seinen Ursprüngen zurückfinden und sich an
der Basis im Kleinen und Kreativen neu bewähren. Besuche der
«Tollitäten» bei Veranstaltungen oder Einrichtungen sollen erlaubt
bleiben. Viele dieser Besuche haben sozialen Charakter, etwa wenn das
Kölner Dreigestirn kranke Kinder besucht.

Was die Karnevalszüge betrifft, so sagte die Festkomitee-Sprecherin,
der Kölner Rosenmontagszug «so wie man ihn kennt» sei abgesagt. «De
n
typischen Kölner Rosenmontagszug wird es nicht geben.» Es werde
sicher über Alternativen für den wichtigsten der tollen Tage
nachgedacht werden, aber was das eventuell sein könne, wisse derzeit
noch niemand. Für Düsseldorf sagte Hans-Jürgen Tüllmann,
Geschäftsführer des Comitees Düsseldorfer Carneval: «Man muss schwe
r
davon ausgehen, dass der Rosenmontagszug definitiv nicht stattfinden
wird. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch.»

Die Landesregierung will das Karnevalsbrauchtum finanziell
unterstützen. An wen das Geld genau gehen soll und zu welchen
Bedingungen, führte Liminski nicht aus. Die weitgehende Absage des
Karnevals bedeutet für die närrischen Hochburgen massive
wirtschaftliche Einbußen. Einer 2019 veröffentlichten Studie zufolge
liegt der geschätzte karnevalsbedingte Umsatz allein in Köln bei etwa
631 Millionen Euro. Nach der Studie der Unternehmensberatung Boston
Consulting Group (BCG) sind in Köln rund 6500 Arbeitsplätze vom
Karneval abhängig. Vor allem das Gastgewerbe profitiert von den
Narren.