Bundesrat billigt Finanzhilfen für Kommunen

Bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause einigten sich die Länder
im Bundesrat auf eine Grundgesetzänderung, damit geschwächte Kommunen
Finanzhilfen bekommen. Schlappen gab es bei zwei Themen.

Berlin (dpa) - Milliarden für die Kommunen, Verbot von Tabakwerbung
und Upskirting - bei seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause
bewältigte der Bundesrat ein großes Programm. Bund und Länder
unterstützen die durch die Corona-Pandemie geschwächten Kommunen.
Tabakwerbung wird künftig stärker eingeschränkt, und die
E-Patientenakte soll mehr Funktionen bekommen. Die wichtigsten
Beschlüsse vom Freitag:

ENTLASTUNG FÜR KOMMUNEN: Bund und Länder kompensieren
Gewerbesteuerausfälle der Städte und Gemeinden in der Corona-Krise
mit einer milliardenschweren Finanzspritze. Nachdem der Bundestag
einer dafür notwendigen Änderung des Grundgesetzes zugestimmt hatte,
zog auch der Bundesrat einstimmig nach. Notwendig war eine
Zweidrittel-Mehrheit. Die Finanzhilfen sollen dafür sorgen, dass die
Kommunen handlungsfähig bleiben. Der Bund beteiligt sich außerdem
dauerhaft stärker an Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung für
Arbeitsuchende, auch dafür war eine Grundgesetz-Änderung notwendig.

TABAKWERBEVERBOTE: Die Werbung für gesundheitsschädliches Rauchen
wird weiter eingeschränkt. Das Verbot von Plakatwerbung soll ab 2022
zunächst für herkömmliche Tabakprodukte gelten. Für Tabakerhitzer
soll es ab 2023 greifen, für E-Zigaretten ab 2024. Bereits ab 1.
Januar 2021 soll Kinowerbung fürs Rauchen tabu sein, wenn ein Filme
für unter 18-Jährige freigegeben ist.

E-PATIENTENAKTE: Die künftigen elektronischen Patientenakten sollen
schrittweise mehr Funktionen bekommen. Das legt ein vom Bundestag
beschlossenes Gesetz fest, das der Bundesrat passieren ließ. Neben
Arztbefunden und Röntgenbildern sollen ab 2022 auch der Impfausweis,
der Mutterpass, das gelbe Untersuchungsheft für Kinder und das
Zahn-Bonusheft digital gespeichert werden können. Zugleich werden mit
dem Beschluss zum Start zunächst «abgespeckte» Regeln für den Zugri
ff
auf gespeicherte Daten gebilligt, die Datenschützer kritisieren.

LEBENSMITTELKONTROLLEN: Für die Kontrolle von Lebensmittelbetrieben
gelten künftig neue Vorgaben. Der Bundesrat stimmte einer Verordnung
von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) zu, die seltener als
bisher Routinekontrollen vorschreibt. Ziel ist, mehr Kapazitäten für
anlassbezogene Kontrollen bei Problembetrieben zu schaffen.

NITRATBELASTETE GEBIETE: Die Länderkammer beschloss bundesweit
einheitliche Regeln für die Festlegung von Gebieten mit hoher
Nitratbelastung, in denen zum Schutz des Grundwassers künftig weniger
Dünger auf den Feldern landen darf. Die Verwaltungsvorschrift legt
die Kriterien für die Ausweisung der sogenannten roten Gebiete fest
und macht Vorgaben zu den Messstellen.

INTENSIVPFLEGE: Für die intensive Pflege schwerkranker Menschen etwa
mit künstlicher Beatmung kommen neue Qualitätsvorgaben. Das neue
Gesetz soll auch bei der Betreuung zu Hause einen hohen Standard
gewährleisten. Die Medizinischen Dienste sollen im Auftrag der
Krankenkassen mit Begutachtungen vor Ort jährlich prüfen, ob die
medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt ist. Nur
besonders qualifizierte Ärzte dürfen außerklinische Intensivpflege
verordnen.

VERBOT VON UPSKIRTING: Das heimliche Filmen oder Fotografieren unter

den Rock (Upskirting) oder in den Ausschnitt kann künftig mit bis zu
zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Gleiches gilt für die
Weiterverbreitung solcher Aufnahmen. Strafen drohen in Zukunft auch,
wenn jemand Unfalltote fotografiert oder filmt. Die Regelungen treten
voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft.

MEHR FLÄCHEN FÜR TIERFUTTER: Um Engpässe beim Tierfutter zu
verhindern, sollen Bauern in von Dürre betroffenen Regionen auch in
diesem Jahr zusätzliche Flächen nutzen können. Wie schon in den
Jahren 2018 und 2019 gab die Länderkammer grünes Licht für die
Nutzung sogenannter ökologischer Vorrangflächen, für die eigentlich
Beschränkungen zum Umweltschutz gelten.

LÄNDER-AUFNAHME VON ASYLBEWERBERN ABGELEHNT: Eine Initiative von

Berlin und Thüringen zur eigenständigen Aufnahme von Asylbewerbern
durch die Länder ist im Bundesrat gescheitert. Bei der Abstimmung in
der Länderkammer erreichte der Vorschlag keine Mehrheit. Den
Bundesländern sollte gestattet werden, selbst über die Aufnahme von
Asylbewerbern aus dem Ausland zu entscheiden. Nach derzeitiger
Rechtslage ist die Zustimmung des Bundesinnenministers notwendig.

STRAFEN FÜR RASER ABGELEHNT: Auch auf künftige Strafen für Rase
r
konnten sich die Länder nicht einigen. Keine der vorgeschlagenen
Lösungen bekam die notwendige Mehrheit, um Rechtssicherheit für
Autofahrer zu schaffen. Damit gehen die Verhandlungen zwischen
Bundesregierung und Ländern erst einmal in eine neue Runde. Auch
schärfere Strafen für Autofahrer, die etwa Radfahrer gefährden,
bleiben damit erst einmal außer Kraft.

KINDERSCHUTZ: Der Bundesrat brachte gleich mehrere Initiativen für
mehr Kinderschutz auf den Weg. Laut einem Vorschlag, der an die
Bundesregierung weitergeleitet wurde, soll der Tatbestand der
Kindesentführung erweitert werden. Es geht dabei vor allem um
Säuglinge und Kleinstkinder. Eine Kindesentführung liege nach der
Rechtsprechung momentan nur dann vor, wenn das Kind den Eltern für
eine Dauer von mindestens 30 Minuten entzogen worden sei.

Die Länderkammer beschloss zudem, einen Gesetzentwurf in den
Bundestag einzubringen, der Kindern vor Gericht mehr Gehör
verschaffen soll.