Getrübte Vorfreude: Liga-Saisoneröffnung in München ohne Fans Von Andreas Schirmer, Klaus Bergmann und Thomas Eßer, dpa

So schnell kann es gehen. Erst bekommt der FC Bayern die Genehmigung
für 7500 Zuschauer beim Eröffnungsspiel gegen Schalke 04, dann macht
die Stadt einen Rückzieher wegen steigender Corona-Infektionen. Die
Bundesbürger sind bei der Fan-Rückkehr ohnehin uneinig.

Frankfurt (dpa) - Die Vorfreude auf die neue Saison ist so groß wie
die Furcht vor einer zusätzlichen Verbreitung des Coronavirus durch
tausende von Fußballfans in den Stadien. Nur einen Tag vor dem Anstoß
zur 58. Spielzeit der Fußball-Bundesliga hat die Stadt München den
FC Bayern zurückgepfiffen und eine Kehrtwende vollzogen. Wegen der
gestiegenen Infektionszahlen in München dürfen beim Eröffnungsspiel
gegen den FC Schalke 04 am Freitag nun doch keine Zuschauer dabei
sein. Genehmigt worden waren am Vorabend von der Stadt 7500
Zuschauer.

«Das ist bitter für die Fans und Vereine, ich weiß, aber die Krise
ist noch nicht vorbei, das muss allen bewusst sein», sagte Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach Beratungen mit
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Donnerstag.

Mit Verständnis reagierte Bayern-Trainer Hansi Flick auf die
Entscheidung. «Es ist so: Wir haben gelernt, uns auf Situationen
immer wieder neu einzustellen. Das müssen wir jetzt wieder machen»,
sagte er. «Das wird uns noch länger begleiten.» Die Politik hatte
erst am Dienstag einen bundesweiten Probebetrieb von 20 Prozent der
Arenen-Kapazitäten für Zuschauer von Sport-Events genehmigt.

Unentschieden sind die Bundesbürger, ob die Tore für Publikum
überhaupt geöffnet werden sollten. Nach einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov lehnen 42 Prozent der Befragten
die von den Ländern beschlossene Testphase für Fußball-Arenen und
Sporthallen ab, während 41 Prozent sie befürworten. 17 Prozent
machten keine Angabe.

Auch bei den Fans gibt es weiter unterschiedliche Ansichten zur
Teil-Öffnung der Stadien. «Für die Gruppen und Fanclubs der
«Südtribüne Dortmund» ist klar, dass wir erst in organisierter Form

ins Stadion zurückkehren werden, wenn wir in gewohnter Art und Weise
mit allen gemeinsam singen, jubeln und den Gegner bepöbeln können»,
heißt es beispielsweise von einem großen Bündnis Dortmunder Fans.
Auch die Mönchengladbacher Ultra-Gruppe «Sottocultura» hatte bereits

vor der bundeseinheitlichen Regelung erklärt: Sie werde die Spiele
nicht besuchen, «ehe der Zustand von vor Corona auf den Rängen
wiederhergestellt» sei.

Wie groß die Ansteckungsgefahr in Stadien tatsächlich ist und wie man
Corona-Infektionen vermeiden kann, soll eine von DFL und DFB
finanziell unterstützte wissenschaftliche Studien ergründen. Dies
teilten die Deutsche Fußball Liga und der Deutsche Fußball-Bund am
Donnerstag mit. «Es gibt kaum Wissen darüber, aber viele Meinungen
und Spekulationen», erklärte Tim Meyer, Leiter der Task Force
Sportmedizin und Sonderspielbetrieb der beiden Verbände.

«Ziel ist es, valide Erkenntnisse zu gewinnen, die bei der Planung
und Ausrichtung von künftigen Veranstaltungen helfen», hieß es in
einer Mitteilung. Die Resultate dieser Studie sollen Erkenntnisse
darüber bringen, wie ein Schutzkonzept für ein Veranstaltungsort
funktioniert.

Kritik übte der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel daran, dass der

«reichste Sportverband der Welt» (DFL) nicht viel früher für diese

Themen «eine wissenschaftliche Grundlage» geschaffen habe, sagte er
den Internetportalen «Spox» und «Goal». Sörgel: «Sechs- oder
siebenmal wird bis Ende Oktober eine sechsstellige Zahl an Fans in
die Stadien gehen. Das Risiko ist rein statistisch ganz klar da, dass
etwas passiert.»

Unterdessen bemühen sich die Bundesligaclubs, bis zu den Partien des
1. Spieltags und darüber hinaus die Voraussetzungen für den Einlass
von Fans zu schaffen - auch mit Augenmaß. Der VfB Stuttgart wird bei
seinem Comeback in Liga eins 8000 Zuschauer zulassen, obwohl die
Stadt für das Spiel gegen den SC Freiburg am Samstag 12 000 Besucher
genehmigt hat. Erst gegen Bayer Leverkusen am 3. Oktober soll
aufgestockt werden.

Auch Eintracht Frankfurt will im Heimspiel am Samstag gegen Arminia
Bielefeld nicht mehr als die ursprünglich vorgesehenen 6500 Fans ins
Stadion lassen, obwohl laut Beschluss der Länderchefs 10 300 rein
dürften. Dies sei so mit dem Gesundheitsamt vereinbart, sagte ein
Sprecher des Clubs.

Längst nicht alle Erstligisten wissen schon, ob und wie viele Fans im
beim ersten Heimspiel dabei sein dürfen. Der FC Augsburg erwartet,
dass in einer Woche gegen Borussia Dortmund zwischen 5000 und 6000
Fans den Zutritt bekommen können. Die endgültige Entscheidung über
die Zuschauerzahl bei der Partie am 26. September muss das örtliche
Gesundheitsamt noch treffen.