Wien-Tourismus: Einstufung als Risikogebiet eine «Katastrophe»

Wien (dpa) - Die Einstufung der Stadt als Corona-Risikogebiet
bedeutet für den Tourismus in Wien nach Ansicht von Experten einen
enormen Tiefschlag. «Das ist eine super Katastrophe», sagte Wiens
Tourismusdirektor Norbert Kettner am Donnerstag. Die Deutschen seien
immer die wichtigste Gästegruppe gewesen und hätten auch gerade in
der Coronakrise der Stadt die Treue gehalten. 35 Prozent der
Übernachtungen im Juli seien auf deutsche Gäste entfallen.

Nun steuere der Tourismus, der 2019 ein Rekordjahr verbucht hatte, in
diesem Jahr auf ein Minus bei den Übernachtungen von 70 Prozent zu.
«Einige Hotels werden temporär zusperren, manche für immer.» In W
ien
hingen 116 000 Jobs direkt oder indirekt am Tourismus.
Schätzungsweise 35 000 drohten nun verloren zu gehen. 

Wegen der gestiegenen Infektionszahlen hatte Deutschland am
Mittwoch Wien zum Risikogebiet erklärt. Die Bundesregierung sprach
für die österreichische Hauptstadt eine Reisewarnung aus. Damit ist
für alle Wien-Reisenden bei Rückkehr nach Deutschland ein negativer
PCR-Test oder Quarantäne erforderlich. Der deutsche Botschafter in
Österreich, Ralf Beste, erklärte im ORF-Radio, dass die Lage in einem
«sehr flexiblen Verfahren» regelmäßig geprüft werde. «Wenn das

Infektionsgeschehen in Wien stabil unter dem Schwellenwert von 50
ist, dann werden wir das gerne anpassen.»

Potenziell betroffen sind auch insgesamt 60 000 Deutsche, die in der
Stadt leben. Die Deutschen, darunter viele Studenten, stellen nach
Serben und Türken die drittgrößte Gruppe der Bürger mit ausländis
cher
Herkunft. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hatte sich am Mittwoch
um Gelassenheit bemüht. «Solche Maßnahmen gelten auch für Brüssel
,
Paris, Prag oder Genf. Wir haben es mit einer europäischen
Entwicklung zu tun, nicht mit einer Wiener Besonderheit.»

Auch für den Tourismus in Österreich insgesamt, der in der
Sommersaison zumindest in den Alpen und an den Seen teils besser lief
als zunächst befürchtet, verdüstern sich die Aussichten. Es gebe
bisher deutlich weniger Reservierungen für den Winter, sagte Experte
Thomas Reisenzahn vom Tourismusberater Prodinger der Wiener Zeitung
«Kurier». «Der Winter ist in den meisten Betrieben zu zwei Dritteln
für das Betriebsergebnis verantwortlich.»