WHO warnt vor steigenden Infektionszahlen in Europa

Kopenhagen (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist besorgt
über die wieder steigenden Corona-Zahlen in Europa. Die wöchentlichen
Fallzahlen überstiegen nun diejenigen, die während der ersten
Hochphase des Coronavirus in Europa im März gemeldet worden seien,
sagte der Direktor des WHO-Europa-Büros, Hans Kluge, am Donnerstag
auf seiner wöchentlichen Online-Pressekonferenz in Kopenhagen. Obwohl
diese Zahlen auch die umfassenderen Tests widerspiegelten, zeigten
sie alarmierende Übertragungsraten in der europäischen Region.

«Die September-Fallzahlen sollten für uns alle als ein Weckruf
dienen.» Gleichzeitig blieb Kluge optimistisch: «Wohin sich die
Pandemie von hier aus entwickelt, liegt in unseren Händen. Wir haben
sie schon einmal zurückgeschlagen und können sie wieder
zurückschlagen.»

Wirksame Maßnahmen wie umfassende Tests, das Waschen der Hände, das
Abstandhalten zueinander und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in
Situationen, wo dieser Abstand nicht möglich sei, sowie das Vermeiden
größerer Versammlungen müssten dringend eingehalten werden, mahnte
Kluge an. Zugleich müssten die Sorgen und Nöte der Menschen
ernstgenommen und auf die entstandene Corona-Müdigkeit eingegangen
werden, die angesichts der langen Zeit der Pandemie verständlich sei.
«Müdigkeit ist ganz natürlich. Sie muss verstanden und angesprochen
werden, wo sie uns in Gefahr bringt.»

Kluge stellte sich darüber hinaus hinter die Forderung nach mehr
Macht und Geld für die Europäische Union in Gesundheitsfragen, die
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in ihrer
Rede zur Lage der EU angerissen hatte. «Für mich liegt klar auf der
Hand: Wir müssen eine stärkere Europäische Gesundheitsunion schaffen,

es ist Zeit», hatte von der Leyen gesagt. «Wir teilen die Vision
einer Europäischen Gesundheitsunion», sagte Kluge dazu.