Steinmeier will mit Italien-Reise deutsche Solidarität zeigen

Die Bilder von Militärtransportern, die in der Dunkelheit Särge aus
Bergamo bringen, sind noch im Kopf. Italien fühlte sich in der
Corona-Krise von den EU-Nachbarn allein gelassen. Der Ärger war groß.
Jetzt will Bundespräsident Steinmeier ein Zeichen setzen.

Berlin/Mailand (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will
mit einem Besuch in Mailand ein Zeichen der Solidarität im besonders
von der Corona-Pandemie betroffenen Norditalien setzen. Er wird an
diesem Donnerstag für zwei Tage in der Metropole erwartet. Italien
wurde früh und härter als andere europäische Länder von der Pandemi
e
getroffen - besonders schwer im Norden.

Steinmeier kommt mit Präsident Sergio Mattarella zu Gesprächen
zusammen. Zudem sind Treffen mit Ärzten und Pflegekräften geplant,
die über ihre Erfahrungen in der Corona-Krise Auskunft geben. Der
Bundespräsident wird von Bürgermeistern begleitet, deren Gemeinden
eine Partnerschaft mit italienischen Kommunen pflegen.

Zu Beginn der Corona-Krise hatte es Verstimmungen gegeben, weil
Deutschland - wie andere EU-Länder - bei der Versorgung Erkrankter
zunächst an sich selbst dachte und weniger an Partnerstaaten. Die
Verstimmung legte sich, nachdem Patienten aus überlasteten
italienischen Krankenhäusern in deutschen Kliniken aufgenommen
wurden.

Zudem setzte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen mit
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der EU ein 750 Milliarden
Euro schweres Wiederaufbauprogramm durch. Es sieht nicht nur Kredite
vor, sondern auch Zuschüsse gerade für die von dem Coronavirus
betroffenen Regionen.

Unmittelbar vor dem Besuch widersprach der Bundespräsident
Darstellungen, zwischen Italienern und Deutschen bestehe ein
grundsätzliches Misstrauen. Das «sehe ich nicht. Im Gegenteil: Wir
sind uns in enger Freundschaft und Partnerschaft verbunden. Aber
Freundschaft ist eben keine Selbstverständlichkeit, sie muss gepflegt
werden», sagte Steinmeier der Tageszeitung «La Repubblica»
(Donnerstag).

Der Bundespräsident verwies auf mehr als 400 Städtepartnerschaften,
womit Unterstützung organisiert worden sei. «Dieser Austausch hat Mut
und Hoffnung gemacht.» Diese Tradition sollte wieder neu belebt
werden.

Steinmeier machte in «La Repubblica» deutlich, dass zu Beginn der
Krise durchaus nationale Egoismen erkennbar gewesen seien. In
Deutschland und anderen EU-Staaten habe es eine eher reflexhafte
Orientierung nach innen gegeben. Die Schließung der Grenzen habe «für

Kritik gesorgt und die Beziehungen untereinander durchaus belastet».
Sehr schnell sei aber klar geworden, dass kein Land das Virus allein
besiegen könne.

Mattarella und ihm sei in dieser Phase bewusst gewesen: «Wenn wir die
Freundschaft zwischen unseren Ländern nicht gefährden wollen, dann
müssen wir solidarisch sein, dann müssen wir zusammenarbeiten.»
Steinmeier hob auch die Belastungen Italiens und Griechenlands durch
die fehlende gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik hervor.

Er sagte: «Letztendlich braucht Europa Einigkeit über zwei Dinge:
effektiven Schutz der Außengrenzen, aber auch eine Verständigung über

die Aufnahme und Verteilung der Geflüchteten.» Dies müsse einhergehen

mit einer stärkeren Rolle Europas bei der Befriedung von Konflikten
in unmittelbarer Nachbarschaft - sei es in Libyen oder beim Konflikt
im östlichen Mittelmeer zwischen Griechenland und der Türkei.