Corona-Lage in Großbritannien spitzt sich zu - Engpässe bei Tests

London (dpa) - Die Infektionszahlen steigen, die Tests werden
knapper: Das von der britischen Regierung in Aussicht gestellte
«weltbeste» Corona-Testsystem ist an seine Grenzen geraten. Man
arbeite sehr hart daran, die Probleme zu lösen, sagte Premier Boris
Johnson am Mittwoch im Parlament. Die Briten sollten die Richtlinien
dazu beachten, in welchen Fällen sie sich testen lassen sollten. Noch
einige Wochen zuvor hatte die Regierung die Linie vertreten, im
Zweifelsfall könne sich jeder testen lassen.

Berichten zufolge sind in etlichen Testzentren derzeit kaum noch
Tests zu bekommen, so dass immer mehr potenziell infizierte Briten
lange Strecken fahren müssen, um einen Corona-Test machen zu können.
Laut der «Financial Times» ist der Anteil derjenigen, die nach einem
Corona-Test am nächsten Tag das Ergebnis bekommen, seit Anfang
September außerdem von gut 60 auf nur noch acht Prozent gefallen.

Gesundheitsminister Matt Hancock erklärte, man müsse bei den
verfügbaren Tests nun «priorisieren», wer sie am dringendsten
brauche. Es gebe zurzeit Probleme, die «innerhalb einiger Wochen»
gelöst werden sollten. Ganz oben auf der Liste steht daher nun das
medizinische Personal, gefolgt von Beschäftigten im sozialen Bereich
wie Pflegeheimen. Familien mit Kindern, bei denen die Nachfrage
ebenfalls hoch ist, könnten das Nachsehen haben. Die Opposition
verurteilte die Corona-Politik der Regierung als gescheitert.

Noch im Sommer hatten Hancock und Johnson für Großbritannien das
«weltbeste Testsystem» angekündigt. Als die Infektionszahlen noch auf

niedrigem Niveau blieben, schienen die Kapazitäten auch auszureichen.
Derzeit steigen die Zahlen jedoch wieder rapide an und Großbritannien
verzeichnet Tag für Tag rund 3000 neue Infektionen. Auch unter den
älteren Menschen und in Pflegeheimen breitet sich das Virus wieder
zunehmend aus. Die Zahl der Erkrankten, die mit Covid-19 ins
Krankenhaus eingeliefert wurden, lag in England am vergangenen
Sonntag auf dem höchsten Stand seit Anfang Juli.

Kürzlich kündigte die Regierung ein weiteres millionenschweres
Corona-Testprogramm namens «Operation Moonshot» («Operation
Mondflug») an, mit dem in einigen Monaten Millionen von Menschen
regelmäßig auf ihre Infektiosität getestet werden sollen. Die
technischen Details und die Durchführbarkeit gelten jedoch als
fraglich. Die Opposition warf Johnson vor, viel für die Zukunft zu
versprechen, aber wenig für die Probleme der Gegenwart zu tun.