OVG-Entscheidung: Quarantäneregeln in Dortmund zu streng

Das Oberverwaltungsgericht in NRW hat eine Quarantäneregel der Stadt
Dortmund kassiert. Das dortige Gesundheitsamt «respektiert» das zwar,
ist aber trotzdem anderer Auffassung.

Münster (dpa/lnw) - Die Stadt Dortmund hat in der Corona-Krise
Quarantäneregeln zu streng ausgelegt. Das hat das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden.
Damit wurde ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen nach
dem Antrag einer Mutter aus der Vorinstanz bestätig, wie eine
OVG-Sprecherin am Mittwoch sagte. In Dortmund hatten sich Ende August
28 von 35 Schülern bei einer Party mit dem Coronavirus infiziert. Das
Gesundheitsamt der Stadt hatte daraufhin die Betroffenen und die
restlichen sieben Schüler unter Quarantäne gestellt. Zusätzlich galt

diese Anordnung noch für enge Kontaktpersonen und die Angehörigen
(Az.: 13 B 1376/20).

Das ging den OVG-Richtern aber - wie den Kollegen in Gelsenkirchen -
zu weit. In der Begründung verweisen die obersten Verwaltungsrichter
auf die Hinweise des Robert Koch-Instituts zur Nachverfolgung von
Kontaktpersonen. Demnach sei es wenig wahrscheinlich, dass die Mutter
selbst Krankheitserreger aufgenommen habe. Sie sei keine
Kontaktperson der Kategorie I, heißt es in dem OVG-Beschluss. Die
Empfehlung für eine häusliche Absonderung von 14 Tagen bestehe daher
nicht, lediglich müssten innerhalb des Haushalts Abstands- und
Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Über die Entscheidung hatten
mehrere Medien berichtet.

Das Dortmunder Gesundheitsamt werde die angeordneten
Quarantänemaßnahmen für den betroffenen Personenkreis mit sofortiger

Wirkung aufheben, kündigte die Stadt an. Man respektiere die
OVG-Entscheidung. Das Amt nehme nun direkten Kontakt zu diesen
Haushaltsmitgliedern auf, sagte eine Stadtsprecherin auf dpa-Anfrage.
Dem Gesundheitsamt sei sich durchaus bewusst, dass es in einzelnen
Fällen über die RKI-Empfehlungen hinausgegangen sei. Das RKI verweise
allerdings auch ausdrücklich darauf, dass seine Empfehlungen «der
Situation vor Ort im Rahmen einer Risikobewertung durch das
zuständige Gesundheitsamt» angepasst werden könnten. «Genau das hat

das Gesundheitsamt getan.»

Die Stadt strebe eine grundsätzliche Klärung des Sachverhalts an und
werde «eine gutachterliche Beratung» in Auftrag geben. «Die Gerichte

folgen uns vor allem an dem Punkt nicht, an dem wir über die
Empfehlungen des RKI hinausgehen», sagte Gesundheitsdezernentin
Birgit Zoerner. «Aus infektiologischer Sicht und aus Sicht des
Bevölkerungsschutzes halten wir dies aber weiterhin für geboten.»
Eine Quarantäne-Anordnung hätten in dem Zusammenhang rund 250 enge
Kontaktpersonen plus jeweils die Mitglieder der in häuslicher
Gemeinschaft Lebenden erhalten.